Konfirmation I + II ,20.+ 21. Mai 2006

 

„Mach dich ans Werk, und der Herr wird mit dir sein!“

(1. Chronik 22, 16b)

 

 

 

Baustelle

 

 

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden,

Eltern, Familien und Gäste,

liebe Gemeinde,

 

„Mache dich ans Werk, aber träume nicht nur; denn: Nichts im Leben wurde je im Traum erreicht! Mache dich ans Werk, aber verlier dein Ziel nicht aus den Augen, denn: Wer im Leben kein Ziel hat, verläuft sich“ , sagte Henry Ford einmal.

 

„Mache dich ans Werk, aber überstürze nichts, denn: Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus den Augen verliert, geht noch immer geschwinder als jener, der ohne Ziel umherirrt!“, meinte Gotthold Ephraim Lessing.


“Mache dich ans Werk und fürchte dich nicht vor deinem ersten Schritt, denn auch ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt!“, so heißt es in einem chinesischen Sprichwort.


Und
Erich Kästner riet: „Mache dich ans Werk, aber tu es! Denn: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ [1]

 

Heute wird Euch für Euren weiteren Lebensweg der Konfirmationsspruch mitgegeben:

 

„Mach dich ans Werk, und der Herr wird mit dir sein!“

 

Bei aller klugen Lebensweisheit ist es wohl gerade dieses Wort zum Handeln des Menschen, das weiter und tiefer reicht als die anderen. Warum? Es ist ein Wort, das uns die Grenzen menschlicher Fähigkeiten und Möglichkeiten deutlich macht. Denn schon von unseren Voraussetzungen her, haben wir ja eben nicht alles allein in der Hand, nicht alles, was wir uns erträumen, ist uns machbar oder verfügbar. Dieses Wort bringt Gott ins Leben und ins Handeln des Menschen.

 

Bei Euren eigenen Überlegungen zu diesem Bibelwort habt Ihr fast eine ganze Ethik zum menschlichen Tun formuliert, z.B.: „Man soll etwas unternehmen – wenn man arbeitet, wird man belohnt – wir sollen aus unserem Leben etwas machen – man soll nicht faul sein, sondern etwas mit seinem Leben anfangen – ich soll mich anstrengen und muss das Leben verdienen. Der Spruch kann Mut machen – der Text begleitet uns das ganze Leben – es ist ein schöner Spruch.“

Auch mir selbst hat Euer Konfirmationsspruch sehr gut gefallen, gerade weil er sehr hintergründig ist: König David bereitet im alten Israel den Bau eines großen und großartigen Tempels vor, ein Gotteshaus, in dem Gott eine Heimat in der Mitte seines Volkes bekommen soll. Doch da David Blut an seinen Händen hat, darf er selbst den Tempel nicht bauen. Und so fordert er seinen Sohn auf, dies zu tun und sagt nun zu ihm: „Mach dich ans Werk, und der Herr wird mit dir sein...“

 

Es geht also nicht einfach nur um irgend ein Werk, sondern in dem, was er tut, um eine Art Gottesdienst. Ganz praktisch muss er Finanzen organisieren, Baupläne studieren, Aufträge vergeben, Gold, Silber, wertvolles Steinmaterial und Hölzer müssen besorgt werden, soll das Werk gelingen. Vordergründig geht es also wirklich ganz praktisch um den Bau eines Tempels für den Gott Israels. Hintergründig meint unser Bibelwort das konkrete Werk, die Arbeit, wie dann zugleich aber auch den Glauben, das Vertrauen und die Treue zu Gott, die darin zum Ausdruck kommt. Der Glaube braucht feste Orte, ein Zuhause, soll er nicht heimatlos sein. Mit dem Bauwerk wird so am eigenen Glauben gearbeitet, er erhält in der Mitte Israels eine sichtbare, spürbare und prägende Gestalt.

 

Was bedeutet das für Euch, für uns alle, die wir heute mit Euch zusammen Eure Konfirmation feiern? Es geht gar nicht so sehr um ein protestantisches Arbeitsethos, so wichtig das ist, sondern es geht darum, dem eigenen Glauben Taten folgen zu lassen. Wir bauen heute ja keine Tempel mehr, aber wir finden uns in diesem Wort Davids dennoch wieder, denn es ist auf unser Leben übertragbar.

 

Weil wirklich ein jeder von Euch, von uns allen, seine ganz persönlichen Fähigkeiten und Gaben für sein Leben mitbekommen hat, darum werden wir ermutigt, die Gegenwart wahrzunehmen und doch in die Zukunft zu schauen. Auch wir dürfen Pläne haben, die wir verwirklichen und umsetzen wollen, und da ist nun die ganz konkrete Frage, tun wir dies mit oder ohne Gott? Heute in der Schule, dann in der Berufsausbildung, dem Studium, später in Euren Berufen und an Euren Arbeitsplätzen. Die Frage ist: Werdet Ihr Euren eigenen, ganz persönlichen Platz in der Mitte Eurer Gemeinde und Kirche finden, und bekommt Gott sein Zuhause für jedermann sichtbar und spürbar auch in Eurem Leben?

 

Euer Konfirmationsspruch passt in unsere gesellschaftliche Situation, die von zahllosen Umbrüchen gekennzeichnet ist, wo vieles in Frage steht und Ziele oft nur unklar zu erkennen sind. Dabei sehen wir ja durchaus ein, dass sich etwas verändern muss, denn die Zukunft eines jeden, einer jeden von Euch und von uns allen muss gestaltet werden, soll sie gelingen und wollen wir nicht tatenlos zuschauen, was andere daraus machen: „Mach dich ans Werk!“

 

Im Spiegel konnten wir jetzt lesen: „Die gegenwärtige erzieherische Abstinenz (Enthaltsamkeit) vieler Eltern hat kein Konzept, wird nur vom liberalen Zeitgeist gedeckt. Sie ist Ausdruck eigener Hilflosigkeit und Orientierungslosigkeit. Da, wo aber haltgebende familiäre Traditionen und Riten (gemeinsames Essen, Feste feiern, Spaziergänge und Unternehmungen) fehlen, wo Wertmaßstäbe  und Regeln, ethische und moralische Prinzipien undiskutiert, vage oder beliebig bleiben, werden Kinder zu Unbehausten, zu Opfern ihrer Verhältnisse, die ihnen ihr ganzes weiteres Leben erschweren... Auch wenn viele es nicht gern hören: Wir Erwachsenen leisten uns unsere Freiheiten und unseren individualistischen Lebensstil auf Kosten unserer Kinder...“ [2]

Hier stehen wir Erwachsenen inmitten einer neu aufkommenden Wertediskussion vor der Frage, was wir unseren Kindern mit auf ihren Lebensweg geben, wie damals David seinem Sohn Salomo mit seinem Traum des Tempelbaus, mit dem Traum, Gott ein Zuhause zu geben. Und Ihr selbst werdet gefragt sein, wie Ihr die Beziehungen lebt, die Ihr einmal eingehen werdet; menschliche Beziehungen von der Familie über den Freundeskreis bis an den Arbeitsplatz.

 

Werte kann man nicht einfach nur beschwören, von anderen einfordern, ohne nicht selbst gefordert zu sein. Sie müssen von einem jeden von uns bedacht werden, man muss sich für sie entscheiden und dann aber auch leben: „Mach dich ans Werk!“ Die Baustellenschilder, die wir hier in der Kirche aufgestellt haben, sollen uns zeigen, dass wir im Leben niemals fertig werden, dass unser Leben immer auch eine Art Baustelle bleiben wird, wo wir wachsen, reif werden, uns in Gesellschaft und Kirche einbringen oder uns verweigern. Auch die Kirche und die jeweiligen Gemeinden, die Ihr einmal erleben werdet, sind solche Baustellen, die davon leben, dass viele Menschen dazu beitragen, unserem Gott ein Zuhause zu schaffen, mitten im Alltag, mitten in der Welt.

 

Wir alle zusammen sind die Kirche, wir alle zusammen prägen ihr Bild. Und so, wie ein jeder von uns die Kirche braucht, um in seinem Glauben eine Heimat zu haben und gerade nicht geistlich heimatlos leben zu müssen, so braucht die Kirche und eine jede Gemeinde uns, uns alle und Euch: Weil es um unseren Gott geht. Um den Gott, dem wir unser Leben verdanken, alle Fähigkeiten und Möglichkeiten, es geht um den Gott, der uns mit seinem Wort herausfordert und fördert, wo wir uns dem stellen, und es geht um den Gott, dem wir unser Leben einmal zurückzugeben haben.

 

Auf die Frage bei unserer Konfirmandenprüfung, was Kirche und Gemeinde denn von Eurer Konfirmation haben, wenn Ihr heute doch sehr konkret mit Geschenken rechnet, kam es zu einer kleinen Tarifverhandlung. Wir kennen Tarifverhandlungen, wo Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Bezug auf Gehälter, Arbeitszeiten oder Arbeitsbedingungen versuchen, sich zu einer gemeinsamen Lösung durchzuringen. Wir haben folgendes vereinbart: „Herr Schneider bietet: Konfirmation – Luis bietet: Er geht in die Kirche...“ Ich finde das gut. Doch mit Gott werden wir uns wohl kaum auf Tarifverhandlungen einlassen können. Euer Konfirmationsspruch sagt ebenso schlicht, klar, eindeutig und zuversichtlich: „Mach dich ans Werk, und der Herr wird mit dir sein!“ Es ist ein Wort, wie ein Wegweiser, eine Orientierung für alle Erfahrungen Eures Lebens.

 

Ja, es ist ein tolles Bibelwort, das Ihr Euch als Konfirmationsspruch herausgesucht habt, denn es rechnet mitten im Leben, in den zahllosen Baustellen unseres Lebens, immer wieder mit Gott! Nehmt ihn also mit in Euer Leben hinein, lasst Euch von ihm begleiten, schenkt ihm Eurer Vertrauen und Eure Treue, denn dann wird er kein Fremdkörper in Eurem Leben sein, sondern mit Euch gehen, wohin Ihr auch gehen werdet - und er wird da sein, was immer Ihr anfasst und tut.

 

So wünschen wir Euch allen einen gesegneten Tag Eurer Konfirmation und eine glückliche Zukunft, in der Gott in allem, was Ihr tut und seid, sein Zuhause hat. Amen.

 

 

Literatur:

 

1) Zitate verändert aus: www.blueprints.de.

2) Kutschke, J., „Unbehauste Kinder“, in: DER SPIEGEL, 17/2006, S. 56

 

 

Wir weisen darauf hin, dass Sie alle unsere Predigten im Internet nachlesen können. Sie finden sie unter:

 

http://www.evang-kirche-kenzingen.de oder:

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