17. Sonntag nach Trinitatis, 1. Mose 3,9 Vorstellung der KonfirmandInnen
Begrüßung:
Liebe Gemeinde! Heute wollen wir Ihnen unsere neuen KonfirmandInnen in und mit diesem Gottesdienst vorstellen, die wir ganz herzlich in unserer Mitte willkommen heißen. Ebenso herzlich begrüße ich die Jugendlichen aus der Seelsorgeeinheit St. Laurentius, die uns diesen Gottesdienst jugendgemäß musikalisch begleiten. Herzlichen Dank.
Wir alle wollen heute einmal überlegen, wo wir in unserem Leben eigentlich zu finden und unterwegs sind, mit unserem Verstand, unseren Gefühlen, unserem Glauben in unserer Freizeit, in der Schule oder dem Beruf? Wohin führt unser Lebensweg? Es ist ja scheinbar nicht umsonst, dass Gott schon gleich auf den ersten Seiten der Bibel den Menschen sucht, sagt und fragt:
Und Gott, der Herr, rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist Du?
Gebet:
Guter Gott! Da sind wir nun im Konfirmandenunterricht. Lass uns nicht blind und taub durch unser Leben stolpern, sondern schenke es uns, dass wir unsere Fragen stellen, dich suchen und dich im Leben hören lernen. Vieles ist uns bisher fremd geblieben, manches kennen wir nur aus dem Religionsunterricht der Schule, so lass uns jetzt ein wenig neugierig werden, auch wenn es uns Zeit kostet. Zeige einem jedem, einer jeden von uns seinen ganz persönlichen Platz in der Gemeinde.
Allein, Herr, können wir uns nicht auf den Weg machen, nicht einmal auf den des Glaubens. So schenke es auch unseren Eltern und Freunden, dass sie uns jetzt in dieser Zeit des Konfirmandenunterrichts begleiten. Uns allen schenke Antworten auf die Frage: Wo bist du? Und Herr, finde uns da, wo wir im Leben zu finden sind.
So danken wir dir nun für alle Menschen unter uns, die uns mit ihrem Glauben ein Vorbild sind und die sich in unserer Gemeinde und Kirche mit ihrem Engagement einbringen. Vor dir bringen wir nun auch voller Dankbarkeit alle Menschen in Erinnerung, die uns den Weg zu dir vorangegangen sind – und beten für uns, unsere Gemeinde, für unsere katholischen Mitchristen, für unsere kleine Stadt und für die ganze Welt. Amen.
Und Gott, der Herr, rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist Du?
1. Mose 3,9
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, Eltern und Freunde,
liebe Gemeinde!
Vor einigen Jahren, vielleicht erinnern Sie sich ja noch, erzählte ich bei einer Konfirmation folgende Geschichte:
Kein Witz...
Ein erwachsener Ballonfahrer in einem Heißluftballon hat sich verirrt. Er geht tiefer und sichtet einen Jugendlichen am Boden. Er sinkt noch weiter ab und ruft: „Entschuldigung, könntest du mir helfen? Ich habe einem Kollegen versprochen, ihn vor einer Stunde zu treffen und ich weiß nicht wo ich bin.“ Der Jugendliche am Boden antwortet: „Sie sind in einem Heißluftballon in ungefähr 10 m Höhe über Grund. Sie befinden sich zwischen 40 und 41 Grad nördlicher Breite und zwischen 59 und 60 Grad westlicher Länge.“ „Du musst ein schlauer Schüler sein“, sagt der Ballonfahrer. „Bin ich“, antwortet der Jugendliche, „woher wussten Sie das?“ „Nun“, sagt der Ballonfahrer, „alles was du mir sagst, ist technisch korrekt, aber ich habe keine Ahnung, was ich mit deinen Informationen anfangen soll, und Fakt ist, dass ich immer noch nicht weiß, wo ich bin. Offen gesagt, warst du keine große Hilfe. Du hast meine Reise höchstens noch verzögert.“ Der Jugendliche antwortet: „Sie müssen im Management tätig sein!“ „Ja“, antwortet der Ballonfahrer, „aber woher weißt du das?“ „Nun,“ sagt der Jugendliche, „Sie wissen weder wo sie sind, noch wohin Sie fahren. Sie sind aufgrund einer großen Menge heißer Luft in Ihre jetzige Position gekommen. Sie haben ein Versprechen gemacht, von dem Sie keine Ahnung haben, wie Sie es einhalten können und erwarten von den Leuten unter Ihnen, dass diese Ihre Probleme lösen.“ 1)
Der Konfirmandenunterricht hat nun begonnen, so dass wir mit diesem Gottesdienst unsere neuen Konfirmandinnen und Konfirmanden sehr herzlich in unserer Gemeinde begrüßen. Gerade am Anfang eines Weges fragt es sich ja wohin die Reise geht? Was wird jetzt auf uns zukommen, wenn wir uns jeden Mittwoch treffen und buchstäblich über Gott und die Welt nachdenken? Wissen wir immer, wo wir in und mit unserem Leben gerade unterwegs sind, wissen wir um Ziele, für die es lohnt, sich auf den Weg zu machen? Ich denke, dass jeder von Euch schon eine Ahnung davon hat, wie es ist, sich verlaufen, den richtigen Weg verpasst zu haben – im Kopf, wie mit den Beinen. So ist es hilfreich, einmal nach unserem Weg zu fragen und danach, ob unser Glaube, der Glaube der Kirche, der Glaube, auf dem so unendlich viele unserer guten Traditionen, unserer Kultur fußen, oft nicht nur noch ein wenig heiße Luft ist, die uns irgendwohin getragen hat, aber längst niemanden mehr so richtig interessiert oder nutzt? Und was erwarten wir dabei von den Menschen, die unseren Weg begleiten?
Und Gott, der Herr, rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist Du? Schon in den Schöpfungsgeschichten wird uns erzählt, dass Gott sich auf den Weg machen muss, um seine Menschen zu suchen, die sich selbst im Paradies verstecken. Wir wissen es, die Schöpfungsgeschichten, diese ersten Erzählungen, die wir in der Bibel finden, sind keine historischen Tatsachenberichte. Da gab es keinen Berichterstatter, der zuschaute, wie Gott Himmel und Erde erschuf. Die ersten Seiten der Bibel sind erzählter und weitererzählter Glaube von Generation zu Generation. Immer in der Absicht zu sagen: Seht, das alles hat Gott für uns getan.
Es soll uns jetzt nicht um eine der Ur-Geschichten der Bibel gehen, sondern allein um diesen Gott und diesen Menschen: Adam. Adam heißt im hebräischen schlicht „Mensch“. Der Name wird oft auch für die „Menschheit“ verwandt. Vielleicht ist aber auch daran gedacht, dass das hebräische Wort `adama´ Erde bedeutet. Das würde zu dem biblischen Gedanken passen: „Du, Adam, bist Erde und wirst wieder zu Erde werden...“ (Genesis 3, 19) Eva bedeutet `lebend´. Sie ist also die Mutter all dessen, was lebt.
Schon die beiden Namen sind Teil einer großen Theologie der Schöpfung. Doch es wird in den ersten Kapiteln der Bibel mehr ausgesagt: Adam und Eva stehen für den Menschen schlechthin, also nicht für ein isoliertes erstes Menschenpaar. Gott schafft sich den Menschen (Adam) als Gegenüber. Es ist ganz offensichtlich, dass nicht ein Mann aus grauer Vorzeit hier von Gott gesucht und angesprochen wird, sondern, dass wir alle, ganz gleich ob Jungen oder Mädchen, Frauen oder Männer gemeint sind, wenn Gott seinen Adam, seinen Menschen ruft: „Wo bist du?“
Hier hören wir das erste Mal davon, dass Gott einen Menschen sucht. Er sucht seinen Menschen, weil der sich in der Vielfalt seines Lebens verlaufen und verloren hat. Dieser Mensch aus der Schöpfungsgeschichte hat sich vor Gott versteckt, weil er Angst hat, aber es liegt ja an uns selbst, wie wir Gott in unserem Leben glauben, ob wir ihn als einen Segen empfinden oder wie einen Fluch, uns in seiner Nähe geborgen oder bedroht fühlen? Die Menschheitsgeschichten der Bibel wiederholen sind jeden Tag neu in unserem eigenen Leben. Wir sind es, die von Gott gesucht werden müssen, weil wir ganz offensichtlich gerade nicht dort sind, wo Gott uns glaubt. Und so dürfen wir nun auch die Frage hören: Mensch: „Wo bist du?“ Wohin bist Du mit Deinem Leben unterwegs, was macht Dein Leben reich und erfüllt, nicht nur für Dich, sondern auch für alle Menschen, mit denen Du Dein Leben teilst? Ja, wo sind wir, wenn wir in der Schule sind, bei Freunden, in der Familie, im Konfirmandenunterricht, am PC, in unseren Vereinen, beim Sport? Wohin sind wir mit unserem Leben unterwegs und wo kann Gott uns finden?
1951 schrieb der Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll eine seiner berühmtesten Erzählungen „Wo warst du, Adam?“ Er überschreibt sie mit den Worten Theodor Haeckers: „Eine Weltkatastrophe kann zu manchem dienen. Auch dazu, ein Alibi zu finden vor Gott. Wo warst du, Adam? `Ich war im Weltkrieg´“ 2) Die Antwort zeigt uns die ganze Verlorenheit des Menschen, die mehr war, als der verlorene Krieg. Er verirrt sich nicht allein in Russland oder Frankreich oder sonst wo in der weiten Welt, sondern in seinem Leben. Wir müssen uns gar nicht groß verlaufen, um uns im Leben zu verlieren. Das kann uns schon zu Hause passieren, in der Schule, in der Freizeit, in der Familie oder bei Freunden. Darum fragt Gott nach uns. Und wir, fragen wir nach Gott?
Wonach fragen wir überhaupt, wenn doch das „Fragen“ für die menschliche Entwicklung, für Verstand und Herz so wichtig ist? Je älter man wird, desto mehr kann man eine offene Frage vielleicht auch einmal unbeantwortet stehen lassen, doch jüngere Menschen müssen fragen, neugierig das Leben erforschen, sonst bleiben wir ja hinter unseren Möglichkeiten zurück, man ist alt, obgleich man noch so jung ist. Die Bibel ist voll von fragenden Menschen und immer wieder fragt Gott selbst nach uns.
So heißt es an einer ganz entscheidenden Stelle der Bibel einmal: „Höre Israel!“ Mit diesen Worten wird das Glaubensbekenntnis Israels eingeleitet: „Höre, Israel! Der Herr ist unser Gott, der Herr und sonst keiner. Darum liebt ihn von ganzem Herzen, mit ganzem Willen und mit aller Kraft...“ (5.Mose 6,4-5). Und ein wenig später wird gesagt: „Wenn eure Kinder später fragen, wozu all die Weisungen, Gebote und Rechtsbestimmungen gut sind, die ihr vom Herrn, eurem Gott, bekommen habt, dann gebt ihnen zur Antwort: „Als Sklaven mussten wir dem König von Ägypten dienen, doch der Herr befreite uns mit seinem starken Arm.“ (5.Mose 6,20-21).
Wir alle sollen – wie Israel – hören, dann aber vor allem auch Antworten geben können, wenn uns unsere Kinder einmal nach unserem Glauben, nach Gott fragen. Hier erleben wir die Pädagogik Israels. Nichts schulden wir unseren Kindern so sehr, als Antworten, die tiefer ins Leben eingreifen, als die Frage nach dem Taschengeld am Anfang des Monats, als die, nach diesem oder jenem, was uns und unseren Kindern das Leben scheinbar lebenswert macht. Entscheidend sind nicht die Nebensächlichkeiten, entscheidend ist, was trägt und dafür kennen wir Christen nur einen Namen: Gott.
Erst dort, wo wir nach Gott zu fragen lernen, dürfen wir ja auch darauf hoffen, eine Antwort zu bekommen. Eine Garantie dafür gibt es nicht, jedenfalls kann ich sie nicht geben. Aber wir dürfen darum bitten, dass Gott, der ja nach uns fragt, sich dann auch von uns finden lässt. In diesem Sinne heißt es in der „Lebensordnung“ zur Konfirmation unserer Landeskirche: „Die Konfirmation erinnert die als Kinder getauften Jugendlichen an ihre Taufe und an ihre Zugehörigkeit zur Gemeinde Jesu Christi. Was Gott ihnen zugesagt hat, sollen sie erfahren und im Glauben annehmen. Was ihnen in der Taufe geschenkt ist, soll sie auf ihrem Lebensweg begleiten...“ 3)
Als Eltern und Paten, als Pfarrer und Mitarbeiter/Innen in unserer Kirche schulden wir unseren Kindern gerade Antworten auf die Fragen nach unserem Glauben. Und so werden wir alle – und eben nicht nur unsere Kinder und Jugendlichen – auch zu hören haben. Nur, wer zum Hören bereit ist, wird auch Antworten erhalten, die uns dann helfen, unserem Leben im Alltag der Welt einen tieferen Sinn zu geben, Orientierung für unseren Weg in die Weite, für alle Höhen und Tiefen des Lebens.
So freuen wir uns auf die vor uns liegende Konfirmandenzeit. Wir freuen uns auf Eure Fragen und auf alle Antworten die wir geben können oder gemeinsam suchen werden. Wir freuen uns auf Euch Jugendliche in unserer Gemeinde und auf Eure Eltern, denn mit dem Konfirmandenunterricht begegnet ja auch ihnen ihre Kirche noch einmal ganz neu und vielleicht auch anders. Lasst uns wieder einmal nach dem fragen, was unserem Leben ein Ziel gibt, Orientierung und Sinn, so wie Gott nach uns fragt, Adam, Mensch: Wo bist Du?“ Welche Antwort könnten wir ihm geben? Amen.
Literatur:
1) Quelle unbekannt
2) Böll, H., Romane und Erzählungen I, 1947-1951, Köln, 1977, S. 308
3) Evangelische Landeskirche in Baden, Lebensordnung Konfirmation, Karlsruhe
Drewermann, E., Ich lasse dich nicht, Du segnest mich denn,
München, 1997, S.69ff
Engelsberger G., Gottesdienst alltäglich, Fragen, Gütersloh, 2004, S. 60ff
Wir weisen darauf hin, dass Sie alle unsere Predigten im Internet nachlesen können. Sie finden sie unter:
http://www.evang-kirche-kenzingen.de oder:
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