15. Sonntag nach Trinitatis, Vorstellung der KonfirmandInnen, Ps. 31,9
Begrüßung:
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde! Heute wollen wir Euch, unsere neuen KonfirmandInnen der Gemeinde vorstellen und Euch sehr herzlich in der Mitte unserer Gemeinde, dem Gottesdienst begrüßen und Willkommen heißen. Ein neues Konfirmandenjahr beginnt, an dessen Ende dann Eure Konfirmation stehen wird, aber was wird es Euch persönlich bringen?
„Du stellst meine Füße auf weiten Raum!“, so heißt es im 31. Psalm. Der weite Raum hat etwas mit Freiheit zu tun, mit der Möglichkeit, sich entscheiden zu können. Wie oft fragen wir uns: „Wie kann ich mich zurechtfinden? Wohin, in welche Richtung, soll ich gehen?“ Ich kann mich gelangweilt und gleichgültig an die Seite stellen, oder mitten hinein in eine Menschengruppe oder auch in eine Auseinandersetzung. Auch wir Mitarbeiterinnen im Konfi-Team begrüßen Euch herzlich und wünschen Euch, dass Ihr unsere, Eure Kirche als einen weiten Raum erfahren dürft, in dem ihr ganz neue Erfahrungen machen könnt. Denn: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum!“ (Ps: 31,9)
Gebet:
Herr, guter Gott! Da sind wir nun mit all dem, was uns Freude oder Sorgen macht, mit unserer Neugier und Freude an neuen Erfahrungen, doch auch mit unseren vielen Fragen und Zweifeln. Da sind wir, auch wenn uns die Kirche bisher ein wenig fremd war. So bitten wir alle Dich um gute Erfahrungen mit und in unserer Kirche und Gemeinde. Richte unsere Füße durch unseren Geist dorthin, wo wir alle uns ernst und angenommen fühlen dürfen, wo die Auseinandersetzung mit den großen Fragen des Glaubens möglich ist und wir unser Leben lang eine Gemeinschaft erfahren, die auf dem Weg ist zu dir, unserem Gott. Amen.
Du stellst meine Füße auf weiten Raum!
Psalm 31,9
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden,
liebe Gemeinde,
da seid Ihr nun also im Konfirmandenunterricht angekommen! Manche von Euch werden, wenn sie an den Unterricht und die Gottesdienstbesuche denken, ein merkwürdiges Gefühl im Bauch haben, eine ganze Reihe offener Fragen, andere einfach nur gespannt sein, was da in den nächsten Monaten auf sie zukommt. Vielleicht gibt es aber sogar jemanden in Eurem Kreis, der sich ein wenig auf diese Zeit der Auseinandersetzung mit Glaube und Kirche freut. Eines ist klar, der Konfirmandenunterricht ist kein Religionsunterricht, das Gemeindehaus nicht die Schule, Euer Pfarrer nicht ein Lehrer, der Euch Glaubensnoten zu verteilen hätte.
Worum geht es? Es geht darum, Euch einzuladen, den Glauben der Kirche zu bedenken, in die Ihr einmal hinein getauft wurdet. Als Christen sind wir ja immer darauf angewiesen, unserem Glauben ein Zuhause zu geben, und das ist für Euch wie für uns die Evangelische Kirche, für andere die Katholische. Entscheidend ist gar nicht so sehr, in welcher Kirche wir aufwachsen, als vielmehr, dass wir Kirche sind und dass die Welt um uns herum davon etwas mitbekommt.
Ich weiß ja, wie fremd die Kirche für manche Menschen geworden ist, bei aller Dankbarkeit dafür, dass ich mich dann von ihr begleitet weiß, wenn ich sie einmal an einer Schwelle in meinem Leben einfach nur wünsche oder vielleicht sogar brauche: Bei der Taufe am Anfang eines Lebens, bei dem Wunsch konfirmiert zu werden als Jugendlicher, wenn ich heiraten möchte oder beim Abschied von einem mir lieben und vertrauten Menschen. Im Konfirmandenunterricht sollt Ihr nun etwas von Glaube und Kirche erfahren und erleben, was Euch dann am Ende des Konfirmandenjahres Ja sagen lässt, ein möglichst überzeugendes Ja, zu Eurem Glauben und zu Eurer Kirche.
Im 31. Psalm heißt es: Du stellst meine Füße auf weiten Raum, was bedeutet, dass wir uns immer entscheiden können, in welche Richtung wir gehen wollen. Da gibt es viele Wege, doch immer bleiben wir darauf angewiesen, dass es Wege und keine Abwege sind, auf denen wir gehen, um ein Ziel zu erreichen. Schauen wir in die Bibel hinein, so sehen wir sehr schnell, dass Jesus sich ja keinen „Dienstsitz“ angeschafft hat, an dem er seine Jünger und Freunde oder andere Menschen gnädig empfangen hätte. Nein, Jesus ist auf Wanderschaft gegangen, um seinen Glauben in die Welt zu bringen. Seine Botschaft von Gott war „auf die Begegnung von Angesicht zu Angesicht angewiesen...“ Ja ihm „gelang es, andere zum Gehen zu motivieren, zum Wandeln und Sich-Wandeln in ihrem eigenen Standpunkt im Leben. Er bewegte sie zum Wandel im Glauben...“ [1]
Menschen konnten seinen Worten trauen, ihm nachfolgen oder aber ihre eigenen Wege weiter gehen. Sein Glaube zwang niemanden in ein Korsett. In aller Freiheit war man gefragt, sich für oder gegen Gott zu entscheiden, sich seinen eigenen Gott zurechtzulegen oder ihm mit Gleichgültigkeit zu begegnen.
Du stellst meine Füße auf weiten Raum! Daran sollen Euch Eure hier abgebildeten Füße erinnern. Das heißt für Euch, wie für uns alle, über die Richtung zu entscheiden, in die wir gehen wollen. Die Füße spielen an unserem Körper eine große, oft unbeachtete, Rolle. Wer sich einen Menschen anschaut, sieht ihn vom Kopf bis zum Fuß. Säuglinge krabbeln auf allen Vieren durch ihr Leben – und Eltern und vor allem auch die Großeltern sind begeistert, wenn ein Kind das schafft. Es ist wichtig, dass wir immer einen Boden unter unseren Füßen spüren, weil wir sonst ins bodenlose fallen oder am Ertrinken sind.
Wer Glück im Leben hat, fällt immer wieder einmal auf seine Füße, der bekommt einen Fuß in die Tür und sei es nur einen Fußbreit, aber schon damit hat er gewonnen und kann nun Fuß fassen. Es ist für uns wichtig, mit beiden Füßen im Leben zu stehen und hoffentlich einmal Spuren im Leben hinterlassen zu haben, weil wir zu einer Persönlichkeit heranreifen durften. Ganz schlecht dagegen beginnt der Tag, wenn wir mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden sind, oft ist es dann ein verlorener Tag für uns. Und wer mit einem Fuß im Grab steht, hat sein Leben schon fast gelebt.
Diese Wort-Bilder verstehen wir alle und sie betreffen sogar unseren Charakter. Wenn einer z.B. auf einem zu großen Fuß lebt, dann lebt er großspurig, vielleicht zu leichtfüßig. Oft nimmt ein solcher Mensch das Leben zu wenig ernst, aber er kommt damit ganz gut durch. Es gibt Menschen, die mit einem festen Schritt daher kommen und dadurch Angst oder Vertrauen wecken, andere Menschen bewegen sich nur zögerlich durchs Leben. Da können wir auch einmal, wenn wir zu viel getrunken haben, wanken und schwanken und sogar über unsere Füße stolpern. Ganz schlimm aber wird es, wenn wir erst einmal kalte Füße bekommen, denn dann stimmt oft die ganze Richtung nicht und wir müssen etwas in unserem Leben ändern.
Mit der Sprache ist es uns möglich, auch eine Wirkung anzudeuten: Wir können gestiefelt und gespornt sein, bereit, uns auf den Weg zu machen. Einem jeden von uns wäre es zu wünschen, dass er aufrechten Ganges durch sein Leben kommt. Umgekehrt leiden Menschen darunter mit Fußtritten abgespeist oder als Fußabtreter behandelt zu werden. Uns wird auf die Füße getreten oder wir treten anderen auf die Füße. Die Welt sähe anders aus, wenn der Starke dem Schwächeren auf die Füße helfen würde, ein Bild der Fürsorge und der Gerechtigkeit. [2]
Wir sehen, welche Bedeutung die Füße für uns Menschen haben, die Bilder ließen sich fortsetzen. Ihr jedenfalls seid nun auf Euren eigenen Füßen in den Konfirmandenunterricht und heute in diesen Gottesdienst hinein gekommen. Euer Kopf hat Eure Füße hierher geführt und das ist gut so. Jede Gemeinde freut sich auf einen neuen Konfirmandenjahrgang, denn ihr seid eben gerade nicht nur die Zukunft der Kirche, sondern schon heute ihre sehr reale Gegenwart.
In einem theologischen Artikel mit dem tollen Titel: „Ich mach euch Beine, sagte Gott,“ wird ausgeführt: „Gehen und Erkennen gehören zusammen. Diese Verbindung zeigt sich in der biblischen Theologie auch darin, dass im Hebräischen (also der Sprache des Alten Testamentes) der Laufende zugleich als Kundschafter übersetzt werden kann. Der Läufer ist Botschafter, zuständig für die Weitergabe von Erkenntnissen und Nachrichten. [3] Und das ist für uns alle wichtig, wenn wir uns mit unserem Glauben auseinandersetzen.
Erst einmal dürft Ihr, wenn Ihr jetzt in den Konfirmandenunterricht kommt, auskundschaften was es denn mit Eurer Kirche und Gemeinde auf sich hat, ob es da etwas zu hören, vielleicht auch zu erleben gibt, was für Eure Gegenwart und Zukunft wichtig sein oder werden könnte. Seid Kundschafter, neugierig, fragt, untersucht, lernt etwas über den Glauben Eurer Kirche, um dann einmal – und sei es irgendwann in Eurem Leben – zu deren Botschaftern zu werden. Fühlt Euch mitverantwortlich für Euren Glauben und dafür, wie er in der Kirchengemeinde, der Stadt, der Öffentlichkeit in der Ihr lebt, gelebt wird.
Wenn der Laufende im biblischen Denken zum Botschafter wird, dann sind wir ja alle gefordert, unseren Glauben öffentlich zu machen, da kann der Glaube, als der Glaube der ganzen Kirche, dann auch keine Privatangelegenheit mehr sein. Natürlich kann ich glauben, was ich will, sicher kann ich auch ohne Gottesdienst und Kirche ganz gut leben, aber wir sollten dann wenigstens so ehrlich sein zu erkennen, dass dies dann ein sehr verstecktes Christsein ist, das eben nur bei bestimmten Gelegenheiten gelebt und gepflegt wird. In der Kirche sind wir aber alle in gleicher Weise wichtig, und als Botschafter unseres Glaubens unerlässlich. Da kommt es wirklich auf einen jeden von uns an.
Gerade im Gespräch mit anderen Konfessionen und Religionen ist es wichtig, über den Grund des eigenen Glaubens theoretisch informiert zu sein, um dann aber auch entscheiden zu können, für meinen Glauben einzutreten oder es eben auch nicht zu tun, weil ich einfach zu uninformiert über ihn bin. Im Interreligiösen Gespräch werden wir nur bestehen, wenn auch der Glaube unserer Kirche zu unserer ganz persönlichen Bildung gehört. Wenn heute in Deutschland Ostern und Pfingsten verwechselt werden, Maria und Eva, Adam und Josef so werden wir kaum im Gespräch mit anderen Konfessionen und Religionen bestehen. Dann dürfen wir uns eben nicht darüber beklagen, wenn z.B. Moslems besser über ihren Glauben Bescheid wissen und ihn offensiv in ihrer Umwelt leben.
Auch die Gründung des alten Franziskanerklosters und unserer Klosterkirche haben etwas mit „Füßen“ zu tun, denn die hier lebenden Mönche gehörten zu den „Reformaten“, zu Reformern des Franziskanerordens. Man nannte sie „Barfüßer“, denn sie trugen eine braune Kutte, die mit einem weißen Strick zugebunden wurde und an den Füßen offene Sandalen, als Armutssymbol. Schuhe durften nur mit Genehmigung getragen werden. So erinnert Euch mit Eurer Kirche hier in Kenzingen an ihre guten Wurzeln im franziskanischen Geist des Glaubens und der Liebe zu Gott und zur Schöpfung - und achtet auf Eure Füße, wohin sie Euch führen. Denn Gott stellt auch Eure Füße auf einen weiten Raum...
Der Tübinger Dichter Friedrich Hölderlin (1770 – 1843) sagte einmal:
„Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,
Dass er, kräftig genährt, danken für alles lern,
Und verstehe die Freiheit,
Aufzubrechen, wohin er will.“ [4]
Amen.
Literatur:
1) Friedrich, M.A., Ich mach´ euch Beine, sagte Gott, in: Zeitzeichen 8/2003, S. 28
2) Früchtel. U., Mit der Bibel Symbole entdecken, Göttingen, 1991, S. 151 ff
3) Friedrich, M.A., a.a.O., S. 28
4) Kremers, H., Das Glück, das eilet immer fort, in: : Zeitzeichen 8/2003, S. 32
Hölderlin, http://www.google.de/search?hl=de&q=H%C3%B6lderlin&meta=
Kath. Pfarramt, St. Martin in Freiburg, Hrsg., St. Martin in Freiburg i.Br., München, 1985, S. 72 ff
Wir weisen darauf hin, dass Sie alle unsere Predigten im Internet nachlesen können. Sie finden sie unter:
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