3. Sonntag nach Epiphanias, 2.Mose 3,13-15

 

 

Begrüßung:

 

Liebe Gemeinde! Es ist ja nun schon eine gute Tradition geworden, dass alle Neubürgerinnen und Neubürger die im vergangenen Jahr nach Kenzingen umgezogen sind, nicht nur einen persönlichen Gruß bekamen, sondern auch mit diesem Gottesdienst im Ablauf des Kirchenjahres begrüßt werden. Wir möchten Sie alle sehr herzlich in unserer Mitte Willkommen heißen. Die ältesten Gemeindeglieder, die nach Kenzingen umzogen waren 95 und 94 Jahre alt, die jüngsten gerade 13 Monate und zweieinhalb Jahre. Die weitesten kamen von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen hierher.

           

Was ist es, was Ihnen unsere Gemeinde geben kann? Ganz sicher offene Türen hier in der Kirche, im Gemeindehaus und ebenso in all unseren Kreisen und Gruppen. Was ist es nun aber auch umgekehrt, was Sie uns mitbringen konnten? Ich wünsche es Ihnen und uns allen, dass wir, wo immer wir gelebt haben und wo immer wir leben werden, Gott finden. Denn:

           

Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht Gott, der Herr,

der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige

(Offenbarung 1,8).

 

 

 

Gebet:

 

Gott, wer bist du, wie bist du und wo? Wir fragen und wissen doch, dass jede Antwort unsere Vorstellungskraft übersteigt. Aber wir vertrauen darauf, dass es dich gibt. Wir bitten dich, Gott, für alle, die dich nie kennen gelernt haben, in der Kindheit nicht, in der Schule nicht und auch nicht im Alltag. Lass sie auf Menschen treffen, die ihren Glauben leben. Wir bitten für alle, denen du egal bist, die dich nicht ablehnen, aber auch nicht suchen. Lass sie dich neu entdecken. Wir bitten für alle, die von dir enttäuscht sind, die das Gefühl haben, von dir verlassen worden zu sein. Lass sie in der vermeintlichen Sinnlosigkeit ihrer Lebenserfahrung Sinn finden, in der Ausweglosigkeit Zuversicht. Wir bitten dich, Gott, sei nah allen, denen du fern zu sein scheinst – in Gedanken, Worten und Taten. Amen.

 

 

Mose sagte zu Gott: »Wenn ich nun zu den Leuten von Israel komme und zu ihnen sage: 'Der Gott eurer Vorfahren hat mich zu euch geschickt', und sie mich dann fragen: 'Wie ist sein Name?' - was soll ich ihnen sagen?« Gott antwortete: »Ich bin da«, und er fügte hinzu: »Sag zum Volk Israel: 'Der Ich-bin-da hat mich zu euch geschickt: der Herr! Er ist der Gott eurer Vorfahren, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.' Denn 'Herr' (Er-ist-da) ist mein Name für alle Zeiten. Mit diesem Namen sollen mich auch die kommenden Generationen ansprechen, wenn sie zu mir beten.



 

 


Liebe Gemeinde!


Mit diesem Gottesdienst möchten wir alle Neuzugezogenen des vergangenen Jahres sehr herzlich in unserer Gemeinde Willkommen heißen und begrüßen. Ein erster schriftlicher Gruß Ihrer neuen Kirchengemeinde ist ja schon nach Ihrem Umzug hierher nach Kenzingen bei Ihnen angekommen, womit deutlich werden sollte, dass wir uns freuen, dass Sie nun hier bei uns angekommen sind. Aber wir wissen natürlich als eine Gemeinde, die letztendlich mehrheitlich aus Neubürgern und Zugezogenen besteht, dass es eine Weile braucht, um nun auch wirklich ankommen zu können.


Wer umzieht, tauscht ja nicht einfach ein Kleidungsstück gegen ein anderes aus und der Tag kann weitergehen, wie gewohnt und wie geplant. Nein, wer umzieht hat einen langen Prozess des Nachdenkens hinter sich, er muss wählen, vergleichen, entscheiden. Da ist der Arbeitsplatz, die Schule der Kinder, die Familie oder Freunde und all das soll nun einfach zurück gelassen werden? Fragen stehen – wie ein Berg im Raum – was wird kommen, wird sich ein Umzug lohnen, werde ich eine neue Heimat finden oder fremd bleiben in dem anderen, ungewohnten Umfeld?


Und dann steht der Möbelwagen vor der Tür, die Möbel verlassen das Haus, die Entscheidungen sind gefallen und man geht ein letztes Mal durch eine leere, jetzt fast fremd wirkende Wohnung, die einmal für einen Lebensabschnitt mein Zuhause war. Fremd kommt man dann in Kenzingen an, in einer neuen Wohnung, die noch leer und unbehaust ist, bis dann schließlich der Umzug seinen umgekehrten Weg nimmt und die Wohnung sich langsam und nach und nach mit den vertrauten Möbeln und Bildern füllt. Äußerlich angekommen, doch innerlich noch lange nicht. Ich kenne dieses Gefühl aus meinem eigenen Leben mit all seinen Umzügen gut – und wie dankbar war ich, dass es hier Menschen gab, die mich damals begrüßten, Willkommen hießen und mir zeigten, dass sie sich auf mich freuten.


Ja, wir freuen uns, dass Sie da sind und Sie dürfen es uns glauben, dass Sie uns nicht gleichgültig sind, weil eine Gemeinde, gerade auch eine Kirchengemeinde, ja von Menschen lebt, die nicht nur ihren Wohnort miteinander teilen oder die zu zahlende Kirchensteuer, sondern eben auch ihren Glauben und ihre Hoffnungen. Sie haben eine Kirchengemeinde zurück gelassen, eine Kirche, Menschen, doch was bringen Sie nun hierher mit, geistlich oder ganz praktisch, was können Sie in unsere Mitte, Ihre neue Kirchengemeinde einbringen, was wir miteinander teilen können?

 

Ich habe uns für unseren Willkommensgottesdienst einen Textausschnitt aus dem Alten Testament gewählt, der uns alle mitnehmen kann, auf die Wege, die wir geführt werden. Da ist der Mann Mose. Er ist ein Flüchtling, denn fluchtartig musste er Ägypten verlassen, weil er einen Mann erschlagen hatte. Natürlich konnte er für sich sein Gerechtigkeitsgefühl in Anspruch nehmen, weil er sah, wie sehr die Menschen seines Volkes unterdrückt wurden, eine Entschuldigung aber ist das nicht. Es gibt keine Entschuldigung dafür, wenn Menschen anderen Menschen das Leben nehmen.


Am Ende seiner Flucht kommt er in der Fremde an, er findet dort seine Frau und arbeitet für seinen Schwiegervater. Was bringt er mit? Seine Angst, seine Erinnerungen und eine nur vage Vorstellung von einem recht unbekannten Gott seiner Väter und Mütter im Glauben. So richtet er sich in seinem ungewohnten Leben ein, arbeitet und macht neue Erfahrungen. Und gerade hier nun – unterwegs – fühlt er sich, wie in einem Traum von Gott angesprochen. Er soll das Volk Israel oder das, was es zu jener Zeit von diesem Völkchen überhaupt gab, aus Ägypten heraus und in eine neue Heimat führen, die Gott ihm selbst und dem Volk zeigen würde.


Aber Mose ziert sich, er beruft sich auf seine Unfähigkeit und Sprachlosigkeit. Niemand wird ihm seinen Auftrag glauben. Und so fragt er erst einmal mit wem er es denn überhaupt zu tun hat, denn Mose weiß schließlich um die vielen Götter in der Welt. Und nun hört er den Namen Gottes, der eigentlich gar keiner ist: „Ich bin da!“ Und Gott fügt hinzu, „sag dem Volk Israel: `Der Ich-bin-da hat mich zu euch geschickt: Der Herr! Er ist der Gott eurer Vorfahren, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs!´ Denn `Herr´ (Er-ist-da) ist mein Name für alle Zeiten.“

 

Können wir uns Mose vorstellen – in einer solchen Situation und mit einer derartigen Antwort, die ja im Grunde gar keine ist? Was wird hier denn eigentlich gesagt? Gott sagt mit diesen Worten, dass er ein zeitloser Gott ist, ein Gott der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft Er ist der Gott, der da war, der da ist und der da sein wird. Mit dieser Selbstvorstellung Gottes wird einem jeden, einer jeden von uns gesagt, es ist dieser und nicht irgendein Gott, der gestern dein Gott war, der heute dein Gott ist und der auch morgen immer noch dein Gott sein wird.

 

Es ist dieser Gott, den wir mitnehmen, woher wir in unserem Leben auch kommen und wohin wir in unserem Leben gehen mögen. Immer kann es etwas geben, was wir zurück lassen müssen, jederzeit gibt es etwas, was es jetzt auszuhalten gilt - und wer von uns fragt denn nicht, was morgen kommen wird? Und immer ist es dieser mein Gott, der unteilbar, unverwechselbar, unaustauschbar da ist. Wir, die wir hier seit kürzerem oder längerem in Kenzingen leben, die wir hier in dieser alten Franziskanerkirche seit über hundert Jahren Gottesdienst feiern, glauben an diesen Gott, wie ja auch Sie, die Sie nun im vergangenen Jahr ganz neu in unsere Stadt und Kirchengemeinde hinein gezogen sind. Was Sie ihrem Glauben verbunden oder ganz still und leise, vielleicht sogar mit vielen Zweifeln behaftet, mitbringen oder hier in unserer Mitte erleben, ist eben immer der gleiche Gott, der Sie auch hier wieder erwartet. Er verbindet uns, er verbindet uns über Raum und Zeit hinweg.

 

Das ist es, was Mose in seinem Gespräch mit diesem ihm noch unbekannten Gott erfährt, der ihm von nun an aber immer vertrauter wird, je mehr er sich auf ihn einlässt, ihn hört, sich von ihm durch seine Zeit hindurch begleiten lässt. Dieser Gott ist es nun auch, der ihn auf den Weg bringt, den er auf seinen weiteren Lebensweg mitnimmt.

Vor einiger Zeit erzählte ich einmal bei einer Konfirmation eine kleine, eindrucksvolle Geschichte, die gut zu unserer Situation heute passt:

 

Ein erwachsener Ballonfahrer in einem Heißluftballon hat sich verirrt. Er geht tiefer und sichtet einen Jugendlichen am Boden. Er sinkt noch weiter ab und ruft: „Entschuldigung, könntest du mir helfen? Ich habe einem Kollegen versprochen, ihn vor einer Stunde zu treffen und ich weiß nicht wo ich bin.“ Der Jugendliche am Boden antwortet: „Sie sind in einem Heißluftballon in ungefähr 10 m Höhe über Grund. Sie befinden sich zwischen 40 und 41 Grad nördlicher Breite und zwischen 59 und 60 Grad westlicher Länge.“ „Du musst ein schlauer Schüler sein“, sagt der Ballonfahrer. „Bin ich“, antwortet der Jugendliche, „woher wussten Sie das?“ „Nun“, sagt der Ballonfahrer, „alles was du mir sagst, ist technisch korrekt, aber ich habe keine Ahnung, was ich mit deinen Informationen anfangen soll, und Fakt ist, dass ich immer noch nicht weiß, wo ich bin. Offen gesagt, warst du keine große Hilfe. Du hast meine Reise höchstens noch verzögert.“ Der Jugendliche antwortet: „Sie müssen im Management tätig sein!“ „Ja“, antwortet der Ballonfahrer, „aber woher weißt du das?“ „Nun,“ sagt der Jugendliche, „Sie wissen weder wo sie sind, noch wohin Sie fahren. Sie sind aufgrund einer großen Menge heißer Luft in Ihre jetzige Position gekommen. Sie haben ein Versprechen gemacht, von dem Sie keine Ahnung haben, wie Sie es einhalten können und erwarten von den Leuten unter Ihnen, dass diese Ihre Probleme lösen.“ 1)

 

Es geht hier jetzt nicht um eine Managerschelte, so aktuell das sicher wäre, sondern es geht um das Suchen und Finden des eigenen Weges. So lange wir leben sind wir ja unterwegs, alle, dazu müssen wir nicht einmal umziehen. Aber wissen wir immer, wo wir in und mit unserem Leben gerade unterwegs sind, wissen wir um Ziele, für die es lohnt, sich auf den Weg zu machen? Ich denke, dass jeder von uns eine Ahnung davon hat, wie es ist, sich zu verlaufen, den richtigen Weg verpasst zu haben – im Kopf, wie mit den Beinen. So ist es hilfreich, immer wieder einmal nach einem Weg zu fragen, der gangbar ist und danach, wer ihn mitgeht.

 

So wünsche ich uns allen, dass wir gute Wege finden, um ankommen zu dürfen hier in Kenzingen, hier in unserer Gemeinde, aber auch in einem miteinander geteilten Glauben an den Gott, der unser Leben mitgeht, gestern heute und auch in unsere Zukunft hinein. Amen.

 


 

 

 

Literatur:

 

1) Qelle unbekannt, in: Schneider, H.-H., http://www.predigten.de/

 

Drewermann, E., Den eigenen Weg gehen, München, 1998, S. 28ff

Bibel in gerechter Sprache, Gütersloh, 2006, S. 16ff

 

 

Wir weisen darauf hin, dass Sie alle unsere Predigten im Internet nachlesen können. Sie finden sie unter:

 

http://www.evang-kirche-kenzingen.de oder:

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