Ostern, 1.Kor 15,12-20
Gebet:
Dein Ostern lass uns feiern, Gott: die Lebendigkeit Jesu Christi unter uns, die aufbricht aus totgeredeter Tradition. Dein Ostern lass uns feiern und nicht zufrieden sein mit dem Ostern, das wir uns bereiten. Gib, dass wir uns nicht fürchten, wenn es wirklich wahr wird - wenn Hoffnung auflebt, die wir längst begraben haben; wenn Glaube reift und dich beim Wort nimmt; wenn Friede sich heraustraut mit geöffneten Händen. Lass uns dein Leben feiern, Gott, unserer Welt.
Wir danken dir für alle Menschen unter uns, die uns mit ihrem Glauben ein Vorbild sind und die sich in unserer Gemeinde und Kirche mit ihrem Engagement einbringen. Vor dir bringen wir nun auch voller Dankbarkeit alle Menschen in Erinnerung, die uns den Weg zu dir vorangegangen sind – und beten für uns, unsere Gemeinde, unsere katholischen Mitchristen, unsere kleine Stadt und für die ganze Welt.
Text:
Das also ist unsere Botschaft: Gott hat Christus vom Tod auferweckt. Wie können dann einige von euch behaupten, dass die Toten nicht auferstehen werden? Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, dann ist auch Christus nicht auferweckt worden. Und wenn Christus nicht auferweckt worden ist, dann hat weder unsere Verkündigung einen Sinn noch euer Glaube. Wir wären dann als falsche Zeugen für Gott entlarvt; denn wir hätten gegen die Wahrheit bezeugt, dass er Christus vom Tod auferweckt hat - den er doch gar nicht auferweckt hat, wenn wirklich die Toten nicht auferweckt werden. Wenn die Toten nicht auferweckt werden, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist euer ganzer Glaube vergeblich. Eure Schuld ist dann nicht von euch genommen, und wer im Vertrauen auf Christus gestorben ist, ist dann verloren. Wenn wir nur für das jetzige Leben auf Christus hoffen, sind wir bedauernswerter als irgend jemand sonst auf der Welt. Nun aber ist Christus vom Tod auferweckt worden, und als der erste Auferweckte gibt er uns die Gewähr, dass auch die übrigen Toten auferweckt werden.
1.Kor 15,12-20
Liebe Ostergemeinde!
Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden! Wenn dieser alte Osterruf der Kirche nicht das widerspiegelt, was wir glauben, dann können wir nun getrost nach Hause gehen und uns Pastor Fliege anschauen oder sonst irgendjemanden, der dem „Volk aufs Maul schaut“ und beliebig Schönes zur Beruhigung der Nerven erzählt. Sicher, die Auferstehung ist ins Gerde gekommen, denn es sind ja nicht mehr allzu viele Deutsche, die an sie glauben. Dabei wird gar nicht begriffen, dass gerade mit dem Glauben daran, dass Jesus nicht einfach gestorben und nun auch endgültig tot ist, der Glaube als „christlicher“ Glaube steht und fällt. Das will uns Paulus mit unserem Text verdeutlichen.
Auch seine Zuhörer in Korinth bezweifeln die Auferstehung, sie passte schon damals in kein überliefertes Weltbild hinein. Wie sollte das denn auch möglich sein? Wer das ernsthaft vertritt, wird ausgelacht oder in eine bestimmte Ecke gerückt. Dabei geht es Paulus ja gar nicht um eine Beweisführung für die Auferstehung, sondern darum, aufzuzeigen, welche Konsequenzen es hat, wenn wir Jesus bei den Toten und nicht bei den Lebenden glauben: „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist euer Glaube vergeblich!“ In neun Versen verwendet er neun Mal den Begriff „Christus“ und 12 Mal den der „Auferstehung, auferwecken und auferstehen“. Hier in dem ganzen 15. Kapitel des 1. Korintherbriefes spüren wir, was für Paulus der Kern des christlichen Glaubens ist.
Für die Religionskritiker des 19. Jahrhunderts war das alles eine Illusion. Ja, die Christen nähmen lieber eine fromme Lüge in Kauf, um sich ihre Träume und Wünsche von einem besseren Jenseits erhalten zu können, als sich einzugestehen, dass der Glaube auf einer alten Lüge aufbaut. Strittig war und blieb selbst innerhalb der Kirche und den verschiedenen theologischen Strömungen und Frömmigkeitsrichtungen in ihr, wie denn die Auferstehung zu denken oder zu glauben sei. Für Paulus geht es schon damals nicht um einen Beweis der leiblichen Auferstehung Jesu, sondern um den Glauben daran, dass dieser Jesus nicht bei den Toten in der Totenwelt zu glauben ist, sondern in der Gegenwart Gottes. Das aber entzieht sich jeder menschlichen Spekulation.
In vielen Gemeinden unserer Landeskirche wird sehr bewusst der Ostertag auf dem Friedhof begonnen. Dort wird der Glaube verkündigt, dass es mehr gibt, als den Tod und so singt und betet man gemeinsam gegen die dunkle Wirklichkeit der Gräber an. Dort auf dem Friedhof entscheidet sich, ob wir Paulus gedanklich folgen können und wie tot oder lebendig unser Glaube ist. Immer wieder frage ich gerade bei Beerdigungen, wo wir denn nun eigentlich unsere Verstorbenen glauben und ob unser Glaube die Kraft hat, über die Gräber in der Welt hinweg zu vertrauen. Wo uns das möglich ist, wir also mehr glauben, als dass Tote tot sind und in Gräbern vergehen, da erleben wir die Kraft des Glaubens und seine faktischen Konsequenzen.
Der bekannte Tübinger Theologe Eberhard Jüngel fragt einmal in seinen Theologischen Erörterungen „Der Tod als Geheimnis des Lebens“: „Welche Sprache verdient der Tod? Wie wird man redend dem Tod gerecht? Welche Worte, welche Bilder, welche Aussagen und nicht zuletzt welche Tonarten der Rede sind ihm angemessen?...
Können wir den Tod wegreden? Kann sie, kann ein Wort das tödliche Schweigen, das Schweigen des stummen und stumm machenden Todes brechen? Gibt es solche Worte? Der christliche Glaube behauptet, ein solches Wort zu kennen...“ [1] Gott!
Gott kann so reden, dass der Tod eben nicht das letzte Wort behält und er kann so handeln, dass römische Soldaten in Ohnmacht fallen, Jesu zunächst ja auch zweifelnde Freunde in unterschiedlichsten Sprachen reden, gebildete Griechen sich kaputtlachen und alte Philosophen bei diesem Glauben von einer „Illusion des Glücks“ reden. Rational zu verstehen ist das alles nicht, aber Gott sei Dank gibt es ja mehr als unseren Verstand.
So beendet Jüngel seine Überlegungen mit folgendem Gedanken: „Lassen Sie mich das Ganze zum Schluss in ein etwas gewagtes Bild bringen: in das Bild eines noch zu malenden Totentanzes. Denn den alten Totentänzen fehlt das Entscheidende. Es ist die Person des menschlich redenden Gottes, die auf den so eindrücklichen mittelalterlichen Totentänzen fehlt. Sie fehlt wohl, weil sich das einfach nicht darstellen lässt: Gott im Totentanz. Denn das wäre eine Person, die da aus der Reihe tanzt, die mitten im Tod nicht nach dessen Pfeife tanzt. Gott im Totentanz – das gibt dem Ganzen eine andere Richtung. Die Person des menschlich redenden Gottes im Totentanz – das führt die Toten in das Reich der Lebenden...“ [2]
Ich denke, dass hier sehr schön deutlich wird, was Ostern für uns Christen ist, das Fest des Glaubens, das Fest des Tanzens und des Lachens gegen den Tod in der Welt. Das Fest, das auch unsere festgefahrenen Vorstellungen sprengt und unser Denken und unseren Glauben jeden Tag neu an einen Anfang stellt. Das wird uns unsere Traurigkeit über den Tod eines uns vertrauten Menschen zunächst nicht nehmen, die Trauer ist ja ein tiefer Ausdruck unserer - über den Tod hinwegreichenden Verbundenheit und Liebe - doch sie wird unser Leben gerade nicht endgültig beherrschen und bestimmen können. Das wird symbolisch deutlich im alten Osterlachen der Kirche, wo die lange ernste Passions- und Fastenzeit im Ostergottesdienst mit einem fröhlichen und befreienden Lachen aller beendet wird.
Was wir mit der Auferstehung glauben, ist, dass Gott sein Schöpfungswerk fortsetzt, er dem Tod, der zu unserem Leben unabdingbar dazugehört, dennoch eine Grenze setzt. „Es ist also die Stimme, die Sprache des Evangeliums, die jene kühne Umkehrung vollzieht und damit dem Tod eine neue Stellung zuweist... Wie wir vom Tod sachgemäß reden sollen, hängt dann nicht zuletzt davon ab, wie wir von Gott zu reden und was wir dementsprechend vom Menschen zu sagen haben...“ [3]
Daher kann Paulus so apodiktisch sagen: „Das also ist unsere Botschaft: Gott hat
Christus vom Tod auferweckt...“ Sein Glaube
und eben nicht der unsachgemäße Wille etwas beweisen zu wollen, was nicht zu
beweisen ist, führt ihn zu dieser existentiellen Wahrheit. So redet er vom
Schöpfungshandeln Gottes und weiß um die Konsequenzen für alle, die an diesen
Gott glauben. Wie sollte es denn möglich sein, vom Himmel zu reden und dabei die Erde letztendlich doch nur der Hölle zu überlassen? Wer an die
Auferstehung glaubt, kann die Welt nicht mehr den Todesstrukturen anheim geben.
Alles dreht und wendet sich um die Frage, was wir glauben, denn „ist aber Christus nicht auferweckt worden,
so ist euer ganzer Glaube vergeblich...“
Doch wie merkt man ob Menschen glauben: Eltern und Erzieher, Verantwortungsträger in Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften, in den Kirchen, in Verwaltungen, Pflegeheimen und sogar auf der Straße? Niemandem steht es auf der Stirn geschrieben, ob er Christ, Moslem oder Hindu ist, an Gott glaubt oder als ein Atheist lebt. Ich denke, dass wir Christen da viel zu lernen haben, weil wir uns viel zu sehr und zu oft von den Gegebenheiten der Welt gefangen nehmen und damit auch den hoffnungslosen Todesstrukturen überlassen. Ganz sicher sehen wir die Welt wie alle anderen Menschen auch, aber man wird uns daran erkennen, mit was für Hoffnungen wir leben und wie wir unseren Glauben in ein verantwortliches Denken und Tun ummünzen, also ganz konsequent so handeln, dass es dem Leben, ja der Menschlichkeit dient – und damit Gott die Ehre geben. Der Welt wird das dann durchaus erfahrbar sein.
Mir tanzt die Welt noch viel zu oft einen Totentanz, der schließlich in Gräbern endet, ich wünsche mir einen Totentanz bei dem Gott mittanzt, so dass wir alle lernen, nicht nach der Pfeife des Todes zu tanzen und gegen ihn aus der Reihe zu tanzen. Dann hätte die Welt wieder etwas zu lachen, frei und fröhlich, wie das alte Osterlachen in den Kirchen am Osterfest. Ich wünsche uns und unserer ganzen Gesellschaft, dass wir von diesem Mut zum Leben beseelt werden und lernen, wieder ein wenig zuversichtlicher zu glauben und darum auch zu leben, denn „Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“ Amen.
Literatur:
1) Jüngel, E., Entsprechungen: Gott – Wahrheit – Mensch, Tübingen 20023, S. 327f
2) Jüngel, E., a.a.O., S. 354
3) Jüngel, E., a.a.O., S. 334f
Künkel, Chr., Calwer Predigthilfen, 1997/1998, Reihe II/1, Stuttgart 1997, S. 204
Jüngel, E., Tod, Stuttgart 19722
Drewermann, E., Leben, das dem Tod entwächst, Düsseldorf
19932
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