Evangelische Kirchengemeinde Kenzingen

Ökumenischer Gottesdienst zum Boulevard Breisgau + dem Evang. Gemeindefest,

Thema:“Hand in Hand – Miteinander – Füreinander“ (Das franziskanische Wappen)

 

 

Begrüßung:

 

Liebe Gemeinde! Sehr herzlich begrüße ich Sie auch im Namen meines katholischen Freundes und Amtsbruders Pfarrer Frank Martin hier in diesem ökumenischen Gottesdienst. Wir feiern ihn im Rahmen des Boulevard Breisgau der Städte Herbolzheim und Kenzingen. Das Motto unter dem dieser ganz besondere Gottesdienst im Park der AWO gefeiert wird lautet: „Hand in Hand  - Miteinander – Füreinander“, diesem Gedanken gehen wir mit dem franziskanischen Wappen nach, das über dem Eingangsportal der alten Franziskanerkirche, unserer Evangelischen Kirche zu sehen ist. Wir sind dankbar für die vielfältigen Beziehungen und Kontakte in unseren Städten, für alle Ökumene, die dennoch, bei mancherlei Schwierigkeiten heute möglich ist. Ich wünsche dem Boulevard Breisgau ein gutes Gelingen, so, wie unserem Gemeindefest, zu dem ich sehr herzlich einlade.

 

 


 

 

Portal der Evangelischen Kirche Kenzingen

Das franziskanisches Wappen

 

 

 

Liebe Gemeinde!

 

Wer wüsste es nicht, wir brauchen unsere Hände. Nur wir, die Menschen, verfügen über Hände, durch unsere Hände können wir handeln, durch unsere Füße uns bewegen. Unzählige Aussagen in der Umgangssprache verweisen uns immer wieder darauf, dass wir ohne unsere Hände sehr eingeschränkt leben müssten: Wir sagen, dass eine Sache „Hand und Fuß“ haben muss, jeder von uns hat seinen ganz persönlichen „Fingerabdruck“ und seine unverwechselbare „Handschrift“. Wir legen – wie jetzt bei unserem Gemeindefest unserer Gemeinde - mit „Hand an“. Wir gehen oder arbeiten, wenn etwas klappen soll „Hand in Hand“ und wenn wir keine Lust mehr zur Arbeit haben, legen wir die „Hände in den Schoß“. Jugendliche nehmen „ihr Leben selbst in die Hand“ und haben endlich „freie Hand“. Ganz schlecht ist es, wenn uns die „Hände gebunden sind“. Da „wäscht eine Hand die andere“ und manchmal waschen wir uns unsere „Hände auch in Unschuld.“ [1]

 

In der Bibel kommt die Hand an unzähligen Stellen vor, wie überhaupt menschliche Körperteile, die oft sogar mit Gott selbst in Verbindung gebracht werden, wie z.B. auch das Herz, der Mund, das Ohr, das Auge oder der Fuß. So lag es nahe, diesen ganz besonderen Gottesdienst und Tag in unserer Gemeinde und Stadt einmal unter das Motto zu stellen: „Hand in Hand – Miteinander – Füreinander!“ Heute, beim Boulevard Breisgau, gibt es ja hoffentlich unzählige Begegnungen, Grenzüberschreitungen und Berührungen. Menschen aus Herbolzheim und Kenzingen treffen aufeinander und feiern miteinander. Wir feiern diesen Gottesdienst sehr bewusst als einen ökumenischen Gottesdienst. Miteinander wollen wir uns als Christen unter Christen in dieses Fest der Stadt einbringen. Wie heißt es in der Einladung: „Erleben Sie den Charme der beiden `symbadischen´ Breisgaustädtchen Kenzingen und Herbolzheim an einem Wochenende der Superlative...“ Wie könnten wir da fehlen um unseren Beitrag zu leisten, soll es eben nicht nur um Essen, Trinken und Einkaufen gehen.

In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges werden 1630 Franziskaner nach Kenzingen gerufen. Die Stadt war von Schweden umkämpft und belagert, die Bevölkerung lebte in ständiger Angst, vor dem, was kommen würde. Moral und Anstand musste aus den Augen des Gemeinderates endlich wieder hergestellt werden – und so kam es, dass die Franziskaner hier in der Stadt heimisch wurden. Sie bauten ein Kloster mit einer Klosterkirche, die 1662 eingeweiht wurde. Über dem Portal der Klosterkirche brachte man das franziskanische Wappen an, unter dem wir auch heute noch in die Kirche hinein und heraus gehen.

 

Es ist ein Wappen mit Programm. Mehrfach hatte der Franziskanerorden unterschiedliche Symbole verwendet, bis man Mitte des 15. Jahrhunderts auf das Symbol mit den gekreuzten Armen kommt: Es ist der entblößte Arm Christi mit der sichtbaren Handwunde und der bekleidete Arm des Franziskus, ebenfalls mit einer Handwunde. Zwischen beiden Armen steht das Kreuz. „Es ist eine aussagekräftige graphische Darstellung einer geistigen Lebensnorm“, wie es Cesare Tinelli beschreibt. „Der Anstoß für diese geistliche Aussage des franziskanischen Wappens geht sehr wahrscheinlich zurück auf das berühmte Werk des Bartholomäus von Pisa  `Von der Gleichförmigkeit des Lebens des hl. Franziskus mit dem Leben des Herrn Jesus`, das 1390 entstand.“ [2]

 

Franziskus wurde von Papst Pius VI als ein „zweiter Christus“ bezeichnet, was uns heute zeigt, welch eine hohe Bedeutung für den Glauben der Kirche Franz von Assisi schon bald bekam. „Genau dies will auch das Wappenzeichen der gekreuzten Arme aussagen. Der arme Franziskus streckt seinen Arm gegen den nackten Arm Christi aus und bildet so mit ihm ein Kreuz... Hier ist ... ein Symbol entstanden, das eine Aussage über Franziskus ist und zugleich eine Weisung für alle, die sich mit Franziskus und in seiner Art auf den Weg der Christus-Nachfolge begeben wollen...

 

Dieses Emblem“, so führt es Cesare Tinelli weiter aus, „besteht also im wesentlichen aus den beiden gekreuzten Armen mit stigmatisierten Händen – entweder mit der dem Handrücken oder der Innenseite. Über der Kreuzung der Arme erhebt sich fast immer ein Kreuz... Manchmal ragen die Arme aus den Wolken hervor. In einigen Fällen tritt eine Palme oder eine segnende Hand hinzu... Besonders häufig findet sich dieses Wappen in der Basilica San Francesco in Assisi...“ [3] Wir werden dann im Oktober, wenn wir unsere ökumenische Studienreise nach Assisi machen, auf dieses Wappen stoßen, schon gleich über dem Eingang der Basilica, so, wie bei unserer Kirche.

 

Es wird deutlich, dass die Arme zum Segen gekreuzt sind und dieser Segen all jenen zuteil wird, die ihren Glauben leben, so, wie es Franziskus mit seinem Leben in seiner Zeit versuchte und damit zu einem entscheidenden Vorbild für all jene wurde, die den Glauben nicht mehr so ernst nahmen und mehr oder weniger fröhlich in den Tag hinein lebten.

 

Das Wappen über unserer Kirchentür ist ein Programm, es fordert uns, soll es nicht nur ein altes Symbol aus Stein sein, mit dem – wie bisher – kaum noch jemand etwas anfangen kann. Es macht eine kraftvolle Aussage zum aktiven Handeln des Menschen aus einem ganz bestimmten Geist heraus, sonst hätte man ja nicht das Symbol der Hand und das des Kreuzes gewählt, festgemacht an Franz von Assisi und Christus.

Wir, die wir unter diesem Symbol in unsere Kirche hinein und aus ihr herausgehen, sind nach unserem Tun als Christen gefragt. Wir dürfen uns daran erinnern lassen, dass wir gesegnete Menschen sind, d.h., dass Gott mit uns geht, wenn wir in unsere Kirche zum Gottesdienst kommen oder aus ihr heraus, zurück in unseren Alltag gehen. Das Zusammenleben hier in unserer Stadt muss erweisen, welche Bedeutung der Segen für uns selbst, wie aber auch für andere hat.

 

In Bezug auf das Miteinander der Kirchen konnten wir erst gestern in der Badischen Zeitung lesen: „Schranken, die viele Menschen nicht verstehen... Ökumene ist keine Frage mehr, sondern ein Faktum kirchlichen Lebens, an dem sich Glaubwürdigkeit und politischer Einfluss der Kirchen entscheiden...“ [4], so sagte es der Direktor der Katholischen Akademie, Freiburg, Thomas Heckert. Und es beschreibt sehr gut, wie wir evangelischen und katholischen Christen in Kenzingen seit langem zusammen leben und in vielfacher Weise mittragen, was die Nachbargemeinde beschäftigt.

 

Von seiner säkularen Seite bringt uns der Boulevard Breisgau heute hier zusammen und er zeigt uns, dass wir in unserer Stadt seit Jahren auf einem guten Weg sind, dass wir uns miteinander und über mancherlei Grenzen hinweg austauschen und auch feiern können. Soll das in den Alltag hineinreichen, so dürfen wir uns nun immer wieder einmal an das Wappenbild über der alten Franziskaner- und der heutigen Evangelischen Kirche erinnern. Der Geist des Franziskus war schon immer verbindend. Auch wenn wir Evangelischen Christen nicht an herausgehobene Heilige glauben, so gilt doch ebenso für uns, dass sie uns ein Leit- und Vorbild für unser Leben sein können, geht es doch heute in besonderer Weise wieder darum, den Glauben als christlichen Glauben ganz neu zu entdecken.

 

Jedes Fest bleibt ein einmaliges kurzfristiges Strohfeuer, wenn es nicht intellektuell oder geistlich verwurzelt wird. Dieser Gottesdienst ist ein Beitrag der Kirchen zum Boulevard Breisgau, wo eben doch noch ein wenig mehr als nur gegessen, getrunken und vielfältig konsumiert werden soll. Wir bleiben daran erinnert, dass es „Hand in Hand – Miteinander und Füreinander“ in einer Stadt und zwischen Herbolzheim und Kenzingen allemal besser geht, als wenn hier jeder gegen jeden arbeiten, feiern und leben würde. Eine Stadt, eine Region, wird bis hinein in Handel und Gewerbe, Industrie und Wirtschaft stärker werden, wo man sich bei aller notwendigen Konkurrenz doch auch miteinander austauscht, einander anregt, Lücken zu schließen lernt und wo die manchmal so empfundene Rivalität zweier Städte letztendlich belebt und fördert. Auch hier haben Christen im Abbau von Vorurteilen ihr Wort zu sagen.

 

Dieses grenzensprengende Fest unserer Städte Kenzingen und Herbolzheim, der Boulevard Breisgau und unser Gemeindefest mitten drin, zeigen, dass sich schon heute vieles verändert hat, so dass Menschen sich in dieser Region wohl fühlen und gern hier leben, arbeiten, einkaufen, ja auch in umfassender Weise konsumieren und investieren. Wir haben wirklich allen Grund zur Dankbarkeit und sollten uns dessen auch bewusst sein. Nehmen wir das Bild der gekreuzten Arme des Herrn der Kirche und des Franziskus mit in unser Leben hinein, ein Bild des Segens und der Tat aus diesem Geist heraus. So segne Gott Fest und Feier unserer Städte, er segne den Boulevard Breisgau mit Industrie, Handel und Gewerbe unserer Städte, er segne unsere vielfältigen ökumenischen Beziehungen und Kontakte, er segne uns, die wir diesen Gottesdienst und das Gemeindefest miteinander und füreinander feiern. Amen.

 

 

 

 

Literatur:

 

 

1)  s. hierzu, Früchtel, U., Mit der Bibel Symbole entdecken,

     Göttingen, 1991, S. 162ff

2) Tinelli, C., in: Überlegungen zum franziskanischen Wappen

                      im Katalog der Franziskus-Ausstellung in Krems-Stein

3) Tinelli, a.a.O.

4) Trenz, N., Badische Zeitung, Samstag, 03. Juli 2004, S. 2

 

 

Das Bild des franziskanischen Wappens:

Portal der Evangelischen Kirche in Kenzingen/Br.

 

 

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http://www.evang-kirche-kenzingen.de und

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