Evangelische Kirchengemeinde Kenzingen

Karfreitag, Johannes 19, 16-30

Begrüßung:

Liebe Gemeinde! Wenn wir heute angesichts der zahllosen Kreuze, die uns im Leben begegnen, wieder einmal an die Kreuzigung Jesu denken, so sind wir ja gefragt, warum, warum nur? Wir feiern hier diesen Gottesdienst, während andere Menschen gerade in diesem Augenblick unterdrückt, verfolgt, gefoltert werden, während Menschen willkürlich Macht und Stärke ausüben, während gelitten, gestorben und getrauert wird. Fragen wir uns einmal, weshalb wir heute hierher in diesen Gottesdienst gekommen sind und was wir hören oder feiern möchten, was sich ändern oder bleiben soll wie es ist, um die Kreuze dieser Welt wenigstens unter uns zu reduzieren. Gott schenke uns seinen guten Geist - gerade heute.

Die letzten Worte, die uns von Dietrich Bonhoeffer vor seinem Tod am Galgen in Flossenbrück - nur wenige Tage vor dem Ende des 2. Weltkrieges - überliefert sind, waren: "Das ist das Ende - für mich der Beginn des Lebens!"

Gebet:

Herr, guter Gott! Wir danken dir für das Brot und den Wein als Zeichen deiner Gegenwart in unserer Mitte, als unsere Möglichkeit, uns zu dir bekennen zu dürfen. Wie einfach scheint es doch, uns an die weltweiten Kreuze zu erinnern, doch wie schwer ist es, sie abbauen zu helfen. Lass das Kreuz deines Sohnes, seinen Tod für uns dadurch sinnvoll werden, dass wir selbst an die vielfachen Möglichkeiten erinnert werden, unserer Welt ein menschlicheres Gesicht zu geben, dass wir für die da und offen sind, die uns brauchen: unsere Kinder, die Jugendlichen, die sozial Vernachlässigten, die Arbeitslosen, Menschen, die sich selbst schuldig gemacht haben und nun im Gefängnis sind, lass uns die alten Menschen in unserer Mitte begleiten, alle die trauern und über den Verlust eines anderen nicht hinweg kommen. Schenke uns einen Geist, der versteht.

Herr, guter Gott, Dir sagen wir Dank und bitten um den Mut und die Kraft zum ersten Schritt, der unseren Egoismus überwindet. So wird es aufhören, dass das Kreuz Jesu als ein Schmuckstück missverstanden und missbraucht wird. Herr, lass es Ostern werden und einen neuen Tag der Schöpfung in unserem Leben beginnen ...
Amen.

Predigttext

Da lieferte Pilatus ihnen Jesus aus und gab ihn frei zur Kreuzigung. Die Soldaten übernahmen Jesus. Er trug selber sein Kreuz aus der Stadt hinaus, bis zum sogenannten Schädelplatz - auf hebräisch heißt er Golgota. Dort nagelten sie Jesus ans Kreuz und mit ihm noch zwei andere, den einen links, den anderen rechts und Jesus in der Mitte.

Pilatus ließ ein Schild am Kreuz anbringen; darauf stand: »Jesus von Nazaret, der König der Juden«. Der Ort, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nicht weit von der Stadt entfernt, deshalb lasen viele Juden diese Aufschrift. Sie war in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache abgefasst. Die führenden Priester sagten zu Pilatus: »Schreib nicht: 'Der König der Juden', sondern dass dieser Mann behauptet hat: 'Ich bin der König der Juden.'« Pilatus sagte: »Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.«

Nachdem die Soldaten Jesus ans Kreuz genagelt hatten, nahmen sie seine Kleider und teilten sie in vier Teile. Jeder erhielt einen Teil. Das Untergewand aber war in einem Stück gewebt und hatte keine Naht. Die Soldaten sagten zueinander: »Wir wollen es nicht zerreißen; das Los soll entscheiden, wer es bekommt.« So traf ein, was in den Heiligen Schriften vorausgesagt war: »Sie haben meine Kleider unter sich verteilt. Mein Gewand haben sie verlost.« Genau das taten die Soldaten.

Nahe bei dem Kreuz, an dem Jesus hing, standen seine Mutter und deren Schwester sowie Maria, die Frau von Klopas, und Maria aus Magdala. Jesus sah seine Mutter dort stehen und neben ihr den Jünger, den er besonders lieb hatte. Da sagte er zu seiner Mutter: »Frau, er ist jetzt dein Sohn!« Und zu dem Jünger sagte er: »Sie ist jetzt deine Mutter!« Von da an nahm der Jünger sie bei sich auf.

Jesus wusste, dass nun alles zu Ende gebracht war. Aber damit die Voraussagen der Heiligen Schriften vollends ganz in Erfüllung gingen, sagte er: »Ich habe Durst!« In der Nähe stand ein Gefäß mit Essig. Die Soldaten tauchten einen Schwamm hinein, steckten ihn auf einen Ysopstengel und hielten ihn Jesus an die Lippen. Jesus nahm davon und sagte: »Jetzt ist alles vollendet.« Dann ließ er den Kopf sinken und gab sein Leben in die Hände des Vaters zurück.


Liebe Gemeinde!

Schaut man sich unseren Predigttext für den heutigen Karfreitag einmal ein wenig genauer an, so merkt man, dass er sich in fünf Teile aufgliedern lässt. Da geht es um den römischen Hinrichtungsort "Golgatha"; um die Abgrenzung der religiösen Führer in Israel, die Jesus nicht als der "Juden König" plakatiert haben möchten; um die Kleider Jesu; um die Verbindung Marias mit dem Lieblingsjünger Jesu Johannes und schließlich um den Tod selbst. Hier werden von Johannes einzelne Gesichtspunkte beleuchtet, die uns spüren lassen, wie sehr er Jesus als einen Menschen sieht, allerdings als den Menschen, in dem uns Gott selbst in die Tiefen unserer Welt folgt. Da fehlt jeder Triumphalismus, denn hier verliert ein Mensch durch Menschen sein Leben. Es fehlen hier aber auch im Vergleich zu den anderen Evangelien Berichte über Jesu Gottverlassenheit (Mk und Mt), wie über seine Gottergebenheit (Lk).

Hören wir einmal hinein in diesen Bericht vom Tode Jesu, um vielleicht gerade auch die Botschaft vom Karfreitag als ein Evangelium zu hören, als eine Botschaft, die uns trotz ihres Ernstes aus den Tiefen unserer Existenz in die Gegenwart Gottes führt, uns Gott an die Seite stellt, denn in der Botschaft vom Kreuz treffen wir - wie hören und sehen es tagtäglich - auf keine andere Welt als unsere eigene. Alles Leiden der Welt das durch menschliche Schuld und menschliches Versagen verursacht wird, jede willkürliche Machtausübung und Herrschaft, jeder Terror, Krieg und die Vertreibung des Menschen, die ihn heimatlos und das Leben ausweglos machen, erinnern jeden Tag neu an den Karfreitag.

Liturg:

Da lieferte Pilatus ihnen Jesus aus und gab ihn frei zur Kreuzigung. Die Soldaten übernahmen Jesus. Er trug selber sein Kreuz aus der Stadt hinaus, bis zum sogenannten Schädelplatz - auf hebräisch heißt er Golgota. Dort nagelten sie Jesus ans Kreuz und mit ihm noch zwei andere, den einen links, den anderen rechts und Jesus in der Mitte.
In einem ersten Abschnitt führt Johannes uns den Hinrichtungsort vor Augen: Golgatha, es ist kleiner Hügel, der wegen seiner Form die Schädelstätte genannt wird. Hier, außerhalb der alten Stadtmauer Jerusalems, war die Hinrichtungsstelle der Römer. Sie allein durften als Besatzungsmacht Todesurteile aussprechen und vollziehen. Der Tod hat einen Ort, an dem er vollstreckt wird, dieser Tod wird von Menschen gewollt, verantwortet und ins Werk gesetzt. Die Täter und Verantwortlichen haben Namen, haben ihre Berufe, ihre Familien und Freunde, sie waren Nachbarn, sie lebten unter dem gleichen Himmel, der gleichen Sonne und doch nutzten sie ihre Macht für ihre Interessen oder gehorchten den Befehlen, die man ihnen gab.

Auch im Falle Jesu wird alles rechtschaffend begründet, alle haben ihre Argumente für ihr Tun, alle wollen nur das Beste für den Glauben, den Statthalter, den Kaiser in Rom, je nach Perspektive und Motiv. Was uns hier überliefert wird, ist wirklich keine andere Welt als unsere eigene, und sie reicht aus unserem Leben bis nach Washington, London oder Bagdad.

Jesus konnte man an einem Galgen töten, doch Gott nicht. Das Kreuz ist seit Golgatha ein Symbol für das Mitleid Gottes. Bis in die leidvollen Strukturen dieser Welt, ja bis in den Tod hinein bleibt Gott dem Menschen und der Erde treu. Wir können ihm den Glauben und die Nachfolge verweigern, wir können sogar Gott-los leben, aber umbringen können wir Menschen nur uns selbst und all das, was von uns geschaffen wurde.

Lied: 85, 1 O Haupt voll Blut und Wunden

Liturg:

Pilatus ließ ein Schild am Kreuz anbringen; darauf stand: »Jesus von Nazaret, der König der Juden«. Der Ort, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nicht weit von der Stadt entfernt, deshalb lasen viele Juden diese Aufschrift. Sie war in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache abgefasst. Die führenden Priester sagten zu Pilatus: »Schreib nicht: 'Der König der Juden', sondern dass dieser Mann behauptet hat: 'Ich bin der König der Juden.'« Pilatus sagte: »Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.«
In drei Sprachen, der damaligen Landes-, Verwaltungs- und Weltsprache, lässt der Vertreter des Kaisers, Pontius Pilatus, Jesus als den "König der Juden" bekannt machen. Es war üblich, den Verurteilten ein Schild umzuhängen oder voran zu tragen, auf dem der Grund der Verurteilung zu lesen war. Dass die religiösen Führer in Israel Jesus nicht gern als der "Juden König" bezeichnet sahen, versteht sich von selbst, wollten sie ihn doch gerade loswerden. Doch Pontius Pilatus bleibt dabei, er hält an dieser Beschriftung fest, womit gerade er, der Heide, eine Wahrheit verkündigt, die im offiziellen Judentum abgelehnt wird. Dieser Jesus ist mehr als ein Aufrührer, ein Volksverhetzer, mehr als ein Mann mit politischen Ambitionen, denn sein Anspruch, so konnte man es in jeder Predigt hören und an seinen Taten erkennen, wies eine Spur zu einem ganz anderen Königtum, zu Gott selbst.

Das Kreuz kann diese Wahrheit verschütten oder gerade zu einem Symbol dessen werden, dass sich Gott eben nicht aus der Welt verdrängen lässt. Für manche Menschen ist es unmöglich, dass Jesus der Gottessohn ist, weil ein Gott seinen Sohn nie sterben lassen würde. Gerade aber darin unterscheidet sich unser Gott von anderen, den heidnischen Göttern, der Gott Jesu ist ein mitleidender, solidarischer Gott. Er lebt nicht in seinem Jenseits fernab der Welt. Umgekehrt ist gerade das Kreuz Jesu so zu diesem Zentralsymbol der Liebe Gottes geworden. Wer Kreuze trägt, sollte sich dessen bewusst sein, was er trägt und welche Botschaft er damit aussendet. Als ein Schmuckstück am Hals - auch militärisch vermarktet - verfällt es zu oft der Oberflächlichkeit und Gedankenlosigkeit. Ist das Kreuz ein Merkmal des Glaubens an die Liebe Gottes - gerade auch in den Tiefen der Welt, in unserem Alltag, der Arbeit, der Krankheit, der Vergänglichkeit oder dem Tod - so leben wir mit dem Kreuzzeichen den Glauben sichtbar und spürbar in unsere Zeit und Welt hinein.

Musikstück

Liturg:

Nachdem die Soldaten Jesus ans Kreuz genagelt hatten, nahmen sie seine Kleider und teilten sie in vier Teile. Jeder erhielt einen Teil. Das Untergewand aber war in einem Stück gewebt und hatte keine Naht. Die Soldaten sagten zueinander: »Wir wollen es nicht zerreißen; das Los soll entscheiden, wer es bekommt.« So traf ein, was in den Heiligen Schriften vorausgesagt war: »Sie haben meine Kleider unter sich verteilt. Mein Gewand haben sie verlost.« Genau das taten die Soldaten.
Wir können uns fragen, warum diese Information über das Treiben unter dem Kreuz Jesu für Johannes so wichtig ist, dass er es notiert? Er erinnert an ein Wort aus dem 22. Psalm, wo es heißt: "Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand." Der Hinweis auf die Kleider Jesu wirft ein Licht auf seine Menschlichkeit, er musste Essen und Trinken, brauchte Kleider und Schuhe. Er lebte unter den Menschen seiner Zeit, wie wir unter den Menschen unserer Zeit. Gerade diese Menschlichkeit, an die wir vor allem in unseren Weihnachtsgottesdiensten erinnert werden, ist wichtig, um begreifen zu können, wie sich Gott in die Welt einbringt. Er ist eben nicht der ferne, fremde, entrückte Gott, sondern jener, der bereit ist, sich in die Welt mit ihren schuldverflochtenen Strukturen hinein zu solidarisieren. Darum darf Jesus von Gott aus eben kein Übermensch sein, ein bisschen Gott, ein bisschen Mensch, ein Halbgott neben den unzähligen Halbgöttern der Welt.

Das Untergewand, um das gelost wird, damit es nicht zerteilt werden muss, ist ein wertvolles, vermutlich recht kostbares Kleidungsstück gewesen, das eben nicht für die Armut Jesu steht. Uns wird es zu einem Bild dafür, dass Jesus selbst in dieser Erniedrigung auf dem Weg in den Tod hinein, von seinem väterlichen Gott bewahrt bleibt, so wie das von den Soldaten unversehrte Tuch.

Musikstück

Liturg:

Nahe bei dem Kreuz, an dem Jesus hing, standen seine Mutter und deren Schwester sowie Maria, die Frau von Klopas, und Maria aus Magdala. Jesus sah seine Mutter dort stehen und neben ihr den Jünger, den er besonders lieb hatte. Da sagte er zu seiner Mutter: »Frau, er ist jetzt dein Sohn!« Und zu dem Jünger sagte er: »Sie ist jetzt deine Mutter!« Von da an nahm der Jünger sie bei sich auf.
Die Erwähnung der Frauen unter dem Kreuz, vor allem aber Maria und Johannes findet sich nur hier bei Johannes. Ein Hinweis auf die Einheit vom Judenchristentum, für das Maria steht und dem Heidenchristentum, für das Johannes steht. Hier unter dem Kreuz finden sich Juden und Heiden zusammen, für die der sterbende Jesus der Messias, der Gottessohn ist.

Doch ich sehe mehr in dieser Überlieferung. In dem diese beiden Menschen aufeinander verwiesen werden, wird deutlich, dass es trotz aller Todeserfahrung und Trauer mit dem Leben weitergeht, dass beide eine Zukunft haben, die zwar radikal verändert, aber dennoch voller Hoffnung ist. Auch hier spricht nicht der Tod das letzte Wort, und aus einem scheinbaren Ende wird durch die Liebe eine Gemeinschaft erfahrbar, die Maria und Johannes zum Leben und zur Zukunft ermutigt.

Das ist ja auch für uns ein wichtiger Hinweis, wo wir den Tod in unserem Leben erfahren, wo Konflikte unsere Beziehungen sterben lassen und Probleme uns um den Verstand bringen. Dort, wo Menschen sich aufeinander zu bewegen, wo Wunder der Menschlichkeit im Einerlei und Grau des Alltags möglich sind, überall dort werden Todesstrukturen durchbrochen, durchkreuzt. "Grau ist alle Theorie", so sagt man, auch wenn sie in Form einer Predigt daher kommt, weil man der Theorie oft nicht zutraut, das Leben wirklich zu verändern. Es sind die kleinen ersten Schritte, die so wichtig sind, wo Vorurteile abgebaut, Grenzen überwunden, Getrenntes miteinander verbunden, Verletztes geheilt wird. Es sind die Schritte, die ein ganzes Leben verändern können und Licht in das Dunkel eines Lebens bringen. Dazu aber gehört, dass wir diesen ersten Schritt tun und ihn nicht anderen überlassen. So beginnt aus Todesstrukturen neues Leben und Zukunft wird möglich.

Wenn Eugen Drewermann in einer Passionspredigt einmal fragt: "Wann beginnt die Hölle und wann hört sie auf?", dann kann mit dem, was hier zwischen diesen drei Menschen am und unter dem Kreuz geschieht, gesagt werden, dass die Hölle dort beginnt, wo Menschen Menschen bewusst und willkürlich leiden lassen, warum auch immer, und dass die Hölle dort aufhört, wo die Liebe neue Wege zum Leben, zum Miteinander unter uns Menschen aufzeigt. Hier wird eine Empfindsamkeit spürbar, die anrührend und dadurch für uns so ermutigend und beispielhaft ist. Wir sind doch mit unserem je unterschiedlichen Glauben, wie Maria oder Johannes, ein Kommentar der Bibel, des Glaubens an Gott, uns sieht und hört man.

Lied: 85, 6

Liturg:

Jesus wusste, dass nun alles zu Ende gebracht war. Aber damit die Voraussagen er Heiligen Schriften vollends ganz in Erfüllung gingen, sagte er: »Ich habe Durst!« In der Nähe stand ein Gefäß mit Essig. Die Soldaten tauchten einen Schwamm hinein, steckten ihn auf einen Ysopstengel und hielten ihn Jesus an die Lippen. Jesus nahm davon und sagte: »Jetzt ist alles vollendet.« Dann ließ er den Kopf sinken und gab sein Leben in die Hände des Vaters zurück.
Jesus - so schildert es uns Johannes - bleibt souverän bis in seinen Tod hinein. Hier hören wir von keinem verzweifelten Schrei: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen ...", hier stirbt er auch nicht gottergeben: "Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände", sondern mit der Feststellung, dass seine Aufgabe erfüllt ist: "Jetzt ist alles vollendet!" Er selbst gibt Gott sein Leben zurück.

Noch einmal sind wir selbst damit nach unserem Glauben, unserer Gottesbeziehung gefragt, denn wem schenken wir uns mit unserem Leben und in unserem Leben? Was haben wir von uns aus mit Gott im Sinn, wenn uns die Bibel doch Seite um Seite von der Liebe Gottes zu uns berichtet, die schließlich im Kreuz auf Golgatha gipfelt? Was also lehrt uns dieser eine Karfreitag - damals - für die unzähligen Karfreitage heute? Wäre es uns (nicht etwa anderen Menschen) denn nicht möglich, aus dem Kreuz Jesu eine Kreuzung werden zu lassen, an der wir uns über unseren Weg klar werden müssen?

Die Karfreitage werden niemals aufhören, das lehren doch auch die heutigen Unruhen und Kriege, wenn wir nicht anfangen, anders zu leben. Wo wir uns mit diesem damaligen Karfreitag aber so auseinandersetzen, dass er heute in unserem eigenen Leben Wirkung zeigt, dann werden viele Menschen auch ein ganz neues Osterfest erleben, den Tag der Auferstehung, den Tag eines neuen Lebens mitten im alten Leben. Das Bewusstsein dessen, was damals für den Menschen geschah, muss über unsere Wohnzimmer hinaus eine politische Dimension bekommen, soll das Gesicht der Welt sich ändern können. Worte und Taten müssen wieder stimmen, so weit sie sich auf den Glauben beziehen und sich auf den Gott Jesu berufen.

Gott schenke uns allen diesen Weg aus den Karfreitagen hinaus zum Osterfest, vom Tod, dem Leid, der Trauer und allem menschlichen Versagen zum Leben hinüber. Gott sei Dank für das eine Kreuz damals, das uns allen neues Leben verheißt mitten im alten. Amen.


Letzte Änderung: 28.04.2003
Pfr. Hanns-Heinrich Schneider