Liebe Gemeinde,
heute trifft uns ein messerscharfes Wort, das mit nichts weniger als mit dem Ganzen zufrieden ist.
Eindringlich führt uns Jesus vor Augen, was es heißt, ihm nachzufolgen.
An drei Beispielen macht er deutlich: Die Nachfolge ist nichts, was wir so nebenbei tun können. Nachfolge gibt es nicht "light", oder nur dann, wenn es gerade passt. Es geht nicht, Christsein zum Hobby zu machen. Der christliche Glaube hat Gültigkeit in allen Lebensbereichen.
Deshalb reagiert Jesus in den drei Gesprächen fast schon abweisend: "Das, was ich dir anbiete - das, worin du mir folgen sollst - das wird dich ganz und gar beanspruchen. Das sollst du wissen. Halbheiten und Halbherzigkeiten kann ich nicht brauchen."
Jesus ist ehrlich. Er macht uns nichts vor. Ganz im Gegenteil: Er nimmt uns ernst und gibt uns damit auch Verantwortung: Er schickt uns raus aus der gemütlichen Kuschelecke des christlichen Glaubens - hinein in die rauhe Wirklichkeit des Lebens. Christsein ist mehr als Gottesdienste zu feiern, Bibelabende und Kirchentage zu besuchen, an Konfirmandenunterricht teilzunehmen oder das Kind in den evangelischen Kindergarten zu schicken. Christsein ist mehr, wenn es um die Nachfolge geht.
Jesus hat nichts , wo er sein Haupt hinlegen könnte. Heimatlos ist er, auf der Suche nach den Menschen, die ihn brauchen. Jesus lädt uns ein, an dieser Heimatlosigkeit teilzuhaben. Das erschreckt, weil wir spüren, wie viel uns unsere irdische Heimat bedeutet.
Deshalb fällt Nachfolge auch schwer. Weil wir uns fragen müssen,
- wie stark uns unsere Lebensumständen gefangen nehmen?
- Wie gemütlich wir es uns eingerichtet haben?
- Auf welche Sicherheiten wir uns verlassen? Auf wirtschaftliche, politische, völkische oder
militärische?
Die einzige Sicherheit, die wir haben, ist Jesus - ihm, auf seinem Weg zu folgen.
Mehr halten wir nicht in der Hand. Alles andere entpuppt sich sehr schnell als trügerische Wahrheit. Der Heimatlose macht uns klar: Es gibt keine Sicherheit in dieser Welt, und es gibt keinen Staat und keine Macht, die uns dieses garantieren kann.
Jesus wird in den folgenden zwei Antworten noch deutlicher: "Lass die Toten die Toten begraben. Und wer seine Hand an den Pflug legt und zurückschaut, ist nicht geschaffen für das Reich Gottes".
Hier ist die Zumutung groß, vor allem, als er die Bitte ablehnt, den Vater wenigstens noch bestatten zu dürfen. Ich kann hier spekulieren, warum er das tut. Vielleicht war das eine Ausrede, vielleicht ein vorgeschobener Grund noch keine Entscheidung treffen zu müssen. Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall macht diese fast unbarmherzig anmutende Forderung klar, dass wir Menschen oft viel zu lang und viel zu intensiv mit unserer Vergangenheit beschäftigt sind - dass wir je älter wir werden, uns dem Leben immer mehr rückwärts zuwenden: Weil wir nicht loslassen können oder wollen, und traurig oder rührselig vergangenen Jahren nachhängen.
Vor kurzem las ich einen Bericht im Focus über Glücksforschung. Menschen könnten ihr persönliche Glück steigern, wenn Sie zwei Dinge berücksichtigen: Dankbarkeit und Vergebung. Unglück käme oft daher, dass wir zu sehr am Vergangenen haften bleiben. Christen müssten eigentlich - wenn sie Jesus nachfolgen - die glücklichsten Menschen sein!
Jesus sagt, blickt nach vorne - nicht mehr zurück. Das Leben kommt von vorne und nicht von hinten. Es gibt so vieles schönes, wunderbares - auch so viel zu tun, dem wir uns zuwenden sollten.
Sein Auftrag lautet: Geht hin und verkündet das Reich Gottes - Sie und ich, wir alle gemeinsam. Vorausgesetzt wir wagen die Nachfolge und lassen uns nicht von vornherein abschrecken.
Nachfolge heißt, so hat es Dietrich Bonhoeffer einmal formuliert: "Der wahre Christ ist ein Nachfolger des Herrn Christus mit allen Konsequenzen, die das haben kann." Bonhoeffer selbst hat uns gezeigt, was das bedeuten kann.
Heute wird über "Nachfolge Jesu Christi" kaum gesprochen. Vielleicht weil diesem Wort etwas Düsteres anhaftet. Wenn wir an Bonhoeffer denken ist dies kaum verwunderlich. Zur Nachfolge gehören jedoch die Verwundungen und Verletzungen des Lebens dazu. Christen und Christinnen folgen dem Leidensweg Jesu Christi. Mir ist das in diesen Tagen sehr deutlich geworden, wo all die Hoffnungen, die sich auf Frieden im Irak gerichtet haben, nicht in Erfüllung gegangen sind. Die Gewalt hat sich durchgesetzt. Und das schmerzt. Aber das ist Nachfolge: Niederlagen einzustecken und Unbequemes in Kauf zu nehmen.
Nachfolge bringt mit sich, sich hin und wieder auf dem Leidensweg Christi wiederzufinden. Christen und Christinnen haben an der Seite von strahlenden Siegern und Helden, die die Welt retten wollen, nichts verloren. Schon gar nicht im Namen Jesu. Ihr Platz ist dort, wo gegen Unrecht gekämpft wird, wo Menschen auf Trost und Hilfe angewiesen sind, und Heimatlose auf ein Willkommen hoffen.
Als in Mexiko versucht wurde die Bibel in einem aztekischen Dialekt zu übersetzen, taten sie sich schwer mit unserem Text, besonders dem Ausspruch Jesu: "Folge mir nach". Nach langem Überlegen fanden sie einen Ausdruck, der wörtlich ins Deutsche übersetzt, bedeutet: "dicht hinter dem Häuptling gehen". Bei den Azteken bahnte nämlich der Häuptling den Weg durch unwegsamen Dschungel und direkt hinter ihm ist am besten gehen. So stelle ich mir Nachfolge vor. Ganz dicht an Jesus dran bleiben!
Und so bewahre sein Friede der höher ist alles was Menschen sich ausdenken können, unsere Herzen und Sinne, heute und allezeit.