"Über Geld spricht man bekanntlich nicht, man hat es", so wird es uns immer wieder einmal gesagt. Heute wird es um unser Geld, auch um das Geld der Kirche gehen. Vielleicht mutet das zunächst ein wenig ungewöhnlich an, doch gerade in unserem Umgang mit dem Geld spiegelt sich ja unser Geist wider, aus dem heraus wir als Christen leben, uns für unsere Kirche, wie aber auch für eine gerechtere Welt mit verantwortlich fühlen. Es geht um das Verhältnis von Glaube und Opfer, um eine Frömmigkeit, die sich zur Schau stellt, damit aber auch um ein Verhalten, das mehr vom Haben, als vom Sein lebt.
Im Glaubensbekenntnis Israels heißt es: Darum liebt Gott von ganzem Herzen, mit ganzem Willen und mit aller Kraft. (5.Mose 6,5)
Gott! Wir danken dir für das Geschenk unseres Glaubens, für all das, was uns mit unserem Leben geschenkt worden ist. Lehre uns, unseren Glauben zu teilen, ohne einen fragwürdigen Stolz und Rechthaberei. Schenke uns einen weiten, offenen und großzügigen Geist, damit wir weitergeben lernen von dem, was wir haben, von dem, was wir sogar manchmal im Überfluss haben. Lehre uns gerecht mit dem umzugehen, was wir verdienen und besitzen, damit unser Glaube an Dich weitherzig und glaubwürdig in das Leben unserer Welt hineingelebt wird.
Zwar ist es in einer säkularen Welt selten geworden, dass Menschen mit ihrem Glauben prahlen, da gibt es anderes, womit wir angeben könnten, doch hilf uns, unseren Glauben herzlich zu teilen, schenke uns Offenheit füreinander: offene Augen, Ohren, Hände für die Not anderer, wie immer diese aussehen mag. Lass uns in Kirche und Gesellschaft so füreinander einstehen, wie wir es können: mit unserer Zeit, unseren Fähigkeiten, unserem Engagement oder auch mit unserem Geld, denn dann werden wir mit dem Reichtum eines erfüllten Lebens beschenkt sein. Amen.
»Hütet euch, eure Frömmigkeit vor den Menschen zur Schau zu stellen! Denn dann habt ihr keinen Lohn mehr von eurem Vater im Himmel zu erwarten.« »Wenn du also einem Bedürftigen etwas spendest, dann häng es nicht an die große Glocke! Benimm dich nicht wie die Scheinheiligen in den Synagogen und auf den Straßen. Sie wollen nur von den Menschen geehrt werden. Ich versichere euch: Sie haben ihren Lohn schon kassiert. Wenn du also etwas spendest, dann tu es so unauffällig, dass deine linke Hand nicht weiß, was die rechte tut. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich dafür belohnen.«
Matthäus 6, 1-4
Non olet! (Geld) stinkt nicht, sagt ein lateinisches Sprichwort, und das ist sicher richtig, wenn es erarbeitetes und sauber verdientes Geld ist. Dass das in unserer Gesellschaft nicht immer der Fall ist, das wissen wir: Parteispenden, Bestechungen in Baubehörden, Schwarzarbeit, - wir hören täglich davon, es schädigt den Ruf von Parteien, Behörden, Unternehmern oder vom Arbeitsmarkt. Unserem kleinen markanten Text aus der Bergrede Jesu geht es nicht einfach nur um das Geld, sondern darum, dass wir unseren Glauben nicht über dem zur Schau stellen, was wir mehr oder weniger öffentlich für andere tun, leisten, spenden. Dass der Glaube untrennbar mit dem Opfer für andere verbunden ist, steht dabei seit jeher außer Frage.
Jesus weiß darum, wie groß die Gefahr ist, für sein eigenes religiöses Handeln gesellschaftliche Anerkennung zu erwarten, eine innere Grundhaltung, die allein Gott zukommen sollte, so zur Schau zu stellen, dass das eigentlich gute Werk sich selbst in Frage stellt. Viele Menschen sind auf die Großzügigkeit anderer angewiesen. Opfer und Spenden waren und sind immer die soziale Seite des Glaubens gewesen. So wird der Umgang mit dem Geld zu einer durchaus theologischen Frage, aus der sich vielfältige Überlegungen ableiten, die wichtigste dürfte die sein, was regiert die Welt, Gott oder das Geld und welchen Herrschaftsmächten wir uns damit ausliefern?
Es wäre nun einfach, unser Predigtwort zu einer geharnischten Kritik in Bezug auf das Weltwirtschaftssystem, unser Bankenwesen, die Börsen und Aktienkurse misszuverstehen, denn der biblische Geist, der Geist Jesu kritisiert ja gerade nicht, dass in der Welt Geld verdient wird, er hinterfragt aber unmissverständlich unseren Umgang damit und ob und in welcher Weise Herrschaft ausgeübt wird. Erinnern wir uns daran, dass dort, wo kein Geld verdient wird, auch nichts gespendet werden kann und dass jede Mark, die jemand von uns spendet, erst einmal verdient sein muss.
Das Alte Testament hat den Begriff der Schalomgemeinschaft geprägt. Das meint eine Gesellschaft, in der jeder "genug hat" (schalem), so dass Frieden herrschen kann (schalom). Eine theologische Frage ist der Umgang mit dem Geld auch auf dem Hintergrund der biblischen Botschaft von Gottes Gerechtigkeit. Sie zeigt sich in der Parteinahme für die Armen. 1) Mit unserem Geld, mit dem, was wir opfern und spenden, tragen wir also dazu bei, dass Gerechtigkeit und Frieden einen Platz in der Welt haben. In dem, was wir geben, bringen wir unseren Dank zum Ausdruck für das, was uns geschenkt ist. Selbst der Gottesdienst gehört mit Lob und Dank, mit Taufe und Abendmahl als Ausdrucksformen unseres persönlichen Glaubens zu dem, was nicht zur Privatangelegenheit eines Christen gehört, sondern in das gesellschaftliche Leben hinein gelebt und so mit der Welt, in der wir leben, geteilt werden soll. Daher nun aber auch die ernste Warnung vor einer Frömmigkeit, die zur Schau gestellt wird.
Die Kirche und ihr Geld, das ist auch heute
ein ernstes Thema, immer wieder hören wir
die kritische Rückfrage, woher das Geld
der Kirche kommt und wohin es fließt, wie
das Geld der Kirche eingesetzt und verteilt
wird? Im Zusammenhang mit dem Einzug der
Kirchensteuer wird oft die Abhängigkeit
der Kirche vom Staat kritisiert. Reden wir
doch einmal ausnahmsweise über das Geld:
Die Evangelische Landeskirche in Baden nahm
im Haushaltsjahr 1998 423,5 Millionen DM
an Kirchensteuern ein, das Haushaltsvolumen
betrug zusammen 544,4 Millionen DM. Was
aber ist damit geschehen? Eine Abhängigkeit
vom Staat gibt es jedenfalls nicht.
3% der Kirchensteuer
bezahlt
die Landeskirche an den Staat für das Einziehen
der Kirchensteuer. Allein im Jahr 1998 sind
das immerhin 12 Millionen DM gewesen. Es
handelt sich bei diesem Einzugsverfahren
also um eine bezahlte Dienstleistung des
Staates für die Kirche. 45% des Nettosteueraufkommens
der Landeskirche werden an die Gemeinden
weitergereicht. Das bedeutet für Kenzingen,
dass wir pro Kopf unserer Gemeindeglieder
etwa 58,-DM erhalten, um alle Aufgaben zu
erfüllen, die in unserer Mitte einschließlich
des Kindergartens anfallen.
Von einer Mark Kirchensteuer werden seitens unserer Landeskirche
Was bedeutet das alles für unsere Gemeinde? Wir können, um das ganz im Sinne unseres Bibelwortes klar zu sagen, von den Zuweisungen der Landeskirche unseren Haushalt nicht decken, das heißt, wir sind auf Opfer und Spenden aus der Gemeinde angewiesen - und das ist gut so. Dadurch denken wir sehr genau darüber nach, was mit dem Geld unserer Gemeinde geschieht, so weit es nicht ohnehin Gelder sind, über die wir gar nicht verfügen können, weil es sich um Gehälter, den Kindergarten, die Finanzierung der Renovierungen handelt.
Wenn nicht viele unter uns so großzügig und wirklich oft im Stillen die vielfältigen Aufgaben in unserer Gemeinde unterstützen würden, wäre manches nicht möglich. Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Aktivitäten unserer Gemeinde und ihren finanziellen Belastungen. So danke ich allen sehr herzlich für die Geduld und Freundlichkeit, mit der Sie die Arbeit über die gottesdienstlichen Opfer und Kollekten hinaus, den Förderkreis bis hin zur Orgelrenovierung, sie erbrachte bisher 25.000 DM, immer wieder unterstützt haben. Ich danke allen, die ihre Kirchensteuer zahlen und damit ein Stück Solidarität unter Beweis stellen, auch wenn der Kontakt zu ihrer Kirchengemeinde vielleicht noch gering ist.
Doch unser Text greift angesichts einer modernen Gesellschaft tiefer, denn es wird ja mehr geopfert als Geld. Bekanntlich ist "Zeit Geld!" Da bringen sich viele Gemeindeglieder mit ihrer Zeit, ihrem Engagement, ihren Fähigkeiten in unserer Mitte ein, was nie zu bezahlen wäre. Da wird der Glaube auf vielfältige Weise die Generationen hindurch weitergegeben, weil er von der Vermittlung lebt und nicht vom Verschweigen, Eltern versprechen eben dies bei der Taufe, Jugendliche bei ihrer Konfirmation. Wir alle leben davon, dass Menschen ihren Glauben öffentlich leben, weil er sonst in aller Stille sterben wird. Ja, wir haben in unserer Kirche, auch in unserer Landeskirche allen Grund zur Dankbarkeit, weil wirklich vieles geschieht, was unserem Glauben Augen und Ohren, Hände und Füße schenkt.
Dennoch wird immer wieder einmal Kritik an den Finanzen der Kirche laut, meistens aber, weil man einfach nicht informiert ist, man sein Vorurteil braucht und pflegt. So finanziert ein Unternehmer in unserer Nachbarschaft seiner Gemeinde einen Gemeindepfarrer, weil die Pfarrstelle sonst gestrichen worden wäre. Die einen kritisieren die Pfarrstellenkürzung, die anderen fragen, ob sich die Kirche hier nicht in die Abhängigkeit eines Unternehmers begibt (was sie vertraglich geregelt gerade nicht tut).
Dort, wo jemand seine Spende öffentlich macht, sollte diese nicht "eine zur Schau gestellte Frömmigkeit" sein, dennoch können Spenden für Firmen und Betriebe aber durchaus zum Marketing, zur Werbung gehören, wovon eine Firma und ihr guter Ruf leben. Diese Einstellung kritisiert Jesus nicht, aber es kommt ihm auf die innere Haltung, die Einstellung an, mit der wir glauben und handeln. Er lobt ja gerade den klugen Umgang mit der Welt und dem Geld, dem auch Christen sich nicht entziehen können, weil sie nun einmal nicht weltfern und weltfremd zu leben haben.
Ganz bewusst haben wir jede Spende, die wir für den Förderkreis unserer Gemeinde bekommen, aus dem immerhin unsere gemeindedienstliche Mitarbeiterin finanziert wird, die wir sonst nicht hätten, an einen sozialen Beitrag außerhalb unserer Gemeinde gekoppelt. Damit schauen wir bewusst über den Rand unserer Gemeinde hinaus und tragen mit dazu bei, dass anderen Menschen Hilfe zukommt, ihr Leben ein wenig freundlicher gestaltet werden kann. Dies ist eine durchaus ökumenische Dimension, ein Stück Weltverantwortung, die wir übernehmen.
Gerade am Tag einer Taufe, die uns alle an den Geist unserer Wurzeln erinnert, ist ja durchaus einmal danach zu fragen, wenn es um unseren Glauben und um das Geld geht: was geben wir weiter von dem, was wir haben, was haben wir für Gott über oder, was bleiben wir anderen, was Gott schuldig? Was opfern wir, auch, wenn es uns etwas kostet, und verdient das Opfer, als Opfer wirklich seinen Namen? In was für einem Verhältnis steht das, was wir für unsere Hobbies ausgeben, zu dem, was wir uns unseren Glauben kosten lassen? Wie also tragen wir als Volk Gottes, als Kirche Jesu Christi in der Welt dazu bei, Gottes Gerechtigkeit sichtbar zu machen, lebendige Kirche in unserer Zeit und Welt zu sein? Dabei ist die Kirchensteuer im Unterschied zu dem, was wir selbst einbringen können, im biblischen Sinne jedenfalls kein Opfer, keine Spende. Sie aber unterscheidet uns heute auch von dem, was Juden, Christen oder Moslems freiwillig zu spenden gewohnt waren, ein Betrag, der die Kirchensteuer erheblich übersteigt.
Mark Twain fasst das Glaubensbekenntnis der Habenden einmal so zusammen: "Was ist das Ziel des menschlichen Lebens? Reich zu werden. Wie? Unehrlich, wenn wir können; ehrlich, wenn wir müssen. Wer ist der einzige und wahre Gott? Geld ist Gott. Gold, Dollar und Aktien - Vater, Sohn und ihr Geist ..." [2] Dieser pessimistischen Weltsicht lässt sich widersprechen, in dem wir unseren Glauben ebenso ernsthaft wie fröhlich leben. Das mag durch unsere Gottesdienste geschehen, wie aber darüber hinaus auch mit unseren finanziellen oder ideellen Mitteln und Möglichkeiten. Wichtig ist, auf je eigene Weise dazu beizutragen, dass der Glaube ein Gesicht bekommt und im Leben dieser Welt angemessen öffentlich werden kann.
Auch dass für den Glauben geworben wird,
steht nicht im Widerspruch zu unserem Wort
Jesu, wobei aber jeder Lohngedanke fehlt,
weil wir uns mit nichts auf der Welt in
unserem Verhältnis zu Gott freikaufen können.
Gott schenkt uns die Vielfalt unseres Lebens,
was sollten wir ihm als Gegenleistung dafür
geben können? Danken wir Gott durch das,
was wir auf die eine oder andere Weise geben,
verschenken können, damit unser Glaube lebt,
unsere Gemeinde ihre vielfältigen Aufgaben
erfüllen kann und wir die weltweite Gerechtigkeit
nicht aus den Augen verlieren. Auf diese
Weise wird das Wort Jesu aus der Bergpredigt
mit Leben erfüllt. Wir selbst aber sind
beschenkt, weil wir unseren Glauben teilen,
ihn auf vielfältige Weise mitteilen dürfen.
Amen.
Evangelischer Oberkirchenrat Karlsruhe, Die Kirche und ihr Geld
Letzte Änderung: 11.09.2001
Pfr. Hanns-Heinrich Schneider