Predigttext, Prediger 9, Vers 7:
... Geh hin und iß dein Brot mit Freuden, trink deinen Wein mit gutem Mut;
denn so hat es Gott für die Menschen vorgesehen, und so gefällt es ihm.."
Die Hecklinger Wein- und Kulturtage sind nun schon zu einer guten Tradition geworden, seit sie 1977 ins Leben gerufen wurden. Etwas ganz Besonderes ist dagegen dieser ökumenische Gottesdienst zu einem solchen Anlaß - und dass die Evangelische Kirchengemeinde den Gottesdienst dazu außerhalb der Kernstadt in einem der Ortsteile feiert.
Ein Fest zu feiern, lohnt sich immer, vor allem, wenn es dazu dient, das Gemeinschaftliche eines Ortes hervorzuheben, sich mit seinen Produkten und Erzeugnissen ebenso vorzustellen, wie mit einer Fülle kultureller Angebote, die von musikalischen Darbietungen bis zur Burgbesichtigung reichen. Und nun feiern wir hier in einer Vielfalt von Veranstaltungen, von Fest und Trubel, auch noch einen Gottesdienst. Was kann er, was soll er in die Hecklinger Wein- und Kulturtage einbringen?
Es stellt sich ja mit Recht die Frage nach dem Stellenwert. Ist er ein mehr oder weniger frommes Beiwerk, ein Stück frommer Kultur, so nach dem Motto: "Schaden kann es eigentlich nicht", - dann wäre er sofort abzulehnen. Wir hätten dann nämlich mit einer großartigen Idee und einem wirklich schönen Anlaß Gott in den Hintergrund gerückt und zu einer Nebensache gemacht. Doch ein Gottesdienst darf, wenn es um Gott selbst geht, kein frommes Beiwerk sein. Er wird Gott in den Mittelpunkt dieses Festes stellen. Was also berechtigt uns, diesen Gottesdienst hier auf dem Festplatz zu feiern?
Die Antwort ist einfach: Gott gehört dazu. Er ist ja auch ein Hecklinger, er wohnt in Ihren Häusern, er zeigt sich in Ihren Weinbergen, er lebt in Ihren Betrieben, Sie können ihn, wenn Sie es wollen, dort treffen, wo Sie sich treffen. Nun weiß ich ja von den vielen persönlichen Begegnungen hier im Ort, wie schwer es ist, ein Hecklinger zu werden. Und Gott hat es sicher auch gemerkt, nur, dass Er schon vor uns ein Hecklinger, ein Kenzinger, ein Malterdinger, ein Bombacher, ein Fremder oder ein guter Bekannter war - das ist es, was wir in aller Freude und Nachdenklichkeit, mit Lob und Dank bedenken wollen.
Zwei Dinge stehen im Mittelpunkt dieser Hecklinger Wein- und Kulturtage, die damit ganz selbstverständlich diesen Gottesdienst gedanklich prägen: Wein und Kultur.
Der Wein kommt 204 X in der Bibel vor, es muß also ein ganz wichtiger Begriff sein. Er gehört zu den biblischen Grundnahrungsmitteln. Heute dürfen wir uns zusagen lassen:
..Geh hin und iß dein Brot mit Freuden, trink deinen Wein mit gutem Mut; denn so hat es Gott für die Menschen vorgesehen, und so gefällt es ihm ...;Hier hören wir etwas von der positiven Seite des Weines, der zu jedem Fest in Israel dazugehört. Ja, ist es denn nicht ein Stück Humor Gottes, wenn uns im Neuen Testament berichtet wird, dass Jesus auf einer Hochzeit aus Wasser Wein macht? Nun, in Hecklingen wird der Wein nicht so schnell ausgehen, doch es gilt zu bedenken, dass er von Gott aus zunächst einmal positiv gewürdigt ist - bis hinein in die Feier der Eucharistie, des Abendmahles.
Brot und Wein gehören in der Bibel oft zusammen, wie Essen und Trinken. Sie sind Symbole der Lebensfreude, ja der Fülle und des menschlichen Wohlstandes. Brot und Wein genießt man - wo immer es geht - in einer Gemeinschaft, in der Familie, dem Freundeskreis, bei einem Fest. Wer Brot und Wein zu sich nehmen darf, der fühlt, dass er lebt und besser lebt, als viele Menschen neben sich. Wer in einem Weinort "Wein- und Kulturtage" feiert, der kann es eigentlich nur dankbar tun. Dankbar dafür, dass er etwas produzieren oder genießen darf, das in einer solch ausgeprägten Weise mit der Freude am Leben zu tun hat. Er wird Gott danken, wo er um seine eigenen Möglichkeiten, aber auch Grenzen weiß.
Dennoch wird auch vor dem Wein gewarnt. So heißt es einmal in den Sprüchen:
Willst du wissen, wer ständig stöhnt und sich selbst bemitleidet? Wer immer Streit hat und sich über andere beklagt? Wer glasige Augen hat und Verletzungen, die er sich hätte sparen können? Das sind die, die bis spät in die Nacht beim Wein sitzen und keine Gelegenheit auslassen, eine neue Mischung zu probieren. Laß dich nicht vom Wein verführen! Er funkelt so rot im Becher und gleitet so angenehm durch die Kehle, aber dann wird es dir schwindlig, als hätte dich eine giftige Schlange gebissen. Du siehst Dinge, die es gar nicht gibt und redest dummes Zeug. Du fühlst dich wie auf stürmischer See, wie einer, der im Mastkorb eines Schiffes liegt. Wenn du wieder zu dir kommst, sagst du: "Man muß mich verprügelt haben, und ich habe nichts gespürt! Jetzt muß ich wach werden! Wie kriege ich nur meinen Kopf klar? Ich brauche - einen Schluck Wein!"Das heißt, ganz im biblischen Sinne, wer Wein trinkt, sollte es wirklich zur Freude, in der Gemeinschaft und in Maßen tun.Sprüche 23, 29-35
Der zweite Begriff, den wir bedenken wollen, ist ungleich schwieriger. Was bedeutet im Zusammenhang dieser Wein- und Kulturtage die Kultur? Das Problem ist: Wird der christliche Glaube, der ein Teil unserer Kultur ist, der Kultur untergeordnet, dann hat er sich in eine menschliche Idee, in eine Ideologie aufgelöst.
Im Gegensatz zum Wein kennt die Bibel den Begriff der `Kultur nicht. `Cultura, Landbau, bezeichnete seit dem 17. Jahrhundert einerseits die Bodenkultur, wie aber andererseits die Gesamtheit der geistigen und künstlerischen Lebensäußerungen einer Gemeinschaft, eines Volkes. Kultur spiegelt sich in vielem wieder: In der Musik, der Literatur, der Kunst, dem Essen und Trinken, dem Vereinsleben und den Traditionen eines Ortes.
Wir haben in den vergangenen Monaten etwas mitbekommen von der Hecklinger `Streitkultur in Fragen des Kindergartens. Streitkultur, das heißt miteinander und nicht gegeneinander zu streiten und keinen Andersdenkenden auszugrenzen, das gilt jetzt gerade auch für die brisante Frage von Kindergarten und Schloß.
In der Kultur kommt immer ein Stück Hoffnung zum Tragen, denn in einer buchstäblich ver- rückten Welt, leuchtet durch sie etwas von einer heileren Welt auf. Wir Christen, die wir im Glaubensbekenntnis Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde bekennen, tragen mit unserer Arbeit, doch auch mit dem, was wir in der Freizeit tun, zum Schöpfungswerk Gottes bei, und in den kulturellen Gütern holen wir uns ein Stück des verlorenen Paradieses in unsere Gegenwart zurück.
So bleibt die Kultur für uns alle eine Aufgabe, in diesem Sinne
wurde es auch im 2. Vatikanischen Konzil zum Ausdruck gebracht.
Dort heißt es: "Die Christen sollen sich (also) an den kollektiven
Veranstaltungen und Aktionen im kulturellen Bereich beteiligen,
die unserer Zeit eigentümlich sind, damit sie mit humanem (menschlichem)
und christlichem Geist durchdrungen werden (Kirche und Welt)."
Und an diese Aufgabe anläßlich der
Wein- und Kulturtage zu erinnern,
darum sind wir hier, darum feiern wir
diesen Gottesdienst. Darum
sagen wir Gott Dank für die vielfachen Möglichkeiten unseres
Lebens: Für unsere Schaffenskraft, für das gemeinschaftliche
Leben hier in Hecklingen und in unserer kleinen Stadt, auch
wenn sie nicht immer als einfach erfahren werden und einmal
Konflikte auftreten. Wir danken Gott für die Kultur unseres
Zusammenlebens. Ihm sagen wir Dank für den Geist und für die
Möglichkeit, uns hier in vielfacher Hinsicht zum Ausdruck bringen
zu können, durch Essen und Trinken, durch Musik und Gesang,
durch Handwerk und Kunst, durch die Besichtigung unseres kulturellen
Erbes. Ihm danken wir für den
Wein und die Kultur, die uns zu
diesem ökumenischen Gottesdienst zusammengeführt haben. Gott
sei Dank.
Amen.
HHS.: Lasst uns beten
Herr, guter Gott! Dir danken wir für diesen Gottesdienst, für die Gemeinschaft unter deinem Wort - sichtbar, spürbar, greifbar, zu schmecken und zu sehen in Brot und Wein, die wir geteilt haben. Schenke diesen Hecklinger Wein- und Kulturtagen deinen guten Geist und laß sie zu einem Zeugnis unserer menschlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten werden. Schenke allen, die sich bei diesem Fest mit ihren Fähigkeiten und Begabungen, mit ihrer Zeit und Mühe engagieren, - Freude, und allen, die es genießen gute Erfahrungen der Gemeinschaft. Segne unseren Wein, ein Produkt unserer Landschaft, die wir miteinander teilen, und unsere Kultur, die uns einander verbindet. Dein Segen begleite uns alle und das Werk unserer Hände:
Geht nun hin im Frieden unseres Gottes:
Gott
erhalte uns in gegenseitiger Liebe und schenke uns Freunde und
Frieden mit allen Menschen.
Gott
segne uns als Boten seiner Liebe, damit alle Welt ein glaubwürdiges
Zeugnis unseres Glaubens erfahren kann.
Gott sei bei uns und unseren Familien in guten und an schweren
Tagen.
Es segne und behüte euch Gott, der Allmächtige und Barmherzige. Der Vater, der Sohn, und der Heilige Geist. Amen
Lied: Nun danket all und bringet Ehr ...
Letzte Änderung: 13.11.2000
Pfr. Hanns-Heinrich Schneider