Liebe Gemeinde! Sehr herzlich begrüße ich Sie alle in diesem Gottesdienst - hier vor unserem Gemeindehaus - zu unserem Gemeindefest. Wie dankbar dürfen wir sein, dass uns die Gelegenheit geschenkt ist, diesen Tag miteinander zu erleben, andere Gemeindeglieder kennen zulernen, Gespräche zu führen, Darbietungen verschiedener Kreise und Gruppen zu erleben. Lassen Sie uns diesen Tag als ein Fest erleben, wozu ein jeder von uns eingeladen ist, zu dessen Gelingen aber auch ein jeder von uns beitragen darf. Gern denken wir an alle aus unserer Gemeinde, die heute dieses Fest nicht mit uns feiern können, vielleicht aber mit ihren Gedanken bei uns sind. So sei mit diesem Gottesdienst nun Gott selbst der erste Gast in unserer Mitte:
Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn (Psalm 113,3).
Herr, du so verborgener und doch guter Gott!
Wir probieren ein Fest! Einmal muss das Fest doch kommen. -
Wir probieren ein Fest, noch nicht die Generalprobe, so weit sind wir noch nicht, aber wir öffnen uns für - :
Für dieses Gemeindefest!
Für die Gemeinschaft in unserer Mitte.
Für eine große Offenheit miteinander.
Für gute Gespräche.
Für den Abbau von Vorurteilen.
Für ein neues Menschenbild, wo das alte falsch oder einseitig war.
Für den Frieden in unserer Mitte und überall in der Welt,
einen Frieden der trägt.
So probieren wir:
Taube hörend zu machen.
Lahme zum Tanzen zu bringen,
offen zu sein und verschlossene Türen zu öffnen.
Wir probieren, zu verstehen.
Wir probieren, Tote zu erwecken - besonders die Toten - die unter uns herumlaufen.
So probieren wir das alte Leben neu. Wir probieren ...
Wir probieren dieses Fest heute in unserer Gemeinde.
So probieren wir auch eine neue Hoffnung, einen neuen Glauben.
Wir probieren ein Stück Zukunft: für uns, für andere.
Wir probieren ein Fest! - Wir probieren!? -
Lasst uns zusammen probieren.
Verurteilt uns nicht, wenn etwas schief geht beim Probieren.
Probieren geht über Studieren. Dieses Fest ist eine Probe. Doch:
ob die Probe gelingt, liegt an uns allen ...
Das Fest kann beginnen, Gott sei Dank. Amen.(Verändert, nach W. Willms)
Lobt alle den HERRN!
Lobt ihn, die ihr ihm dient!
Lobt, denn er ist nahe!
Von seinem Wesen soll jetzt und für immer
lauter Gutes gesagt sein.Er ist über allen Völkern hoch erhaben,
über den Himmeln steht sein Glanz.
Wer ist wie der HERR, unser Gott,
im Himmel oder auf Erden,
der so hoch oben wohnt
und in tiefste Tiefen hinabsieht,
der den Geringsten aus der Gosse
und den Armen aus dem Kehricht aufhebt,
um ihn zu den Vornehmen zu setzen,
zu den Hochgestellten seines Volks,
der einer unfruchtbaren Frau ihren Platz gibt,
den Platz einer fröhlichen Mutter von Söhnen und Töchtern!
Lobt den HERRN! [1]
Wir feiern ein Fest! Feste kennen wir, sie begleiten uns durch das Jahr und Kirchenjahr hindurch: Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Geburts- und Namenstage, Jubiläen und Feste, die wir in der Stadt oder den Ortsteilen feiern. Heute feiern wir wieder einmal mit einander und mit unseren Gästen ein Gemeindefest. Was wären wir ohne unsere Feste, unterbrechen sie doch den Alltag, der uns tagtäglich fordert und herausfordert. Wir werden persönlich beschenkt oder schenken einem anderen etwas, wir laden andere zu uns ein und werden eingeladen. Menschliche Freude will geteilt sein, sonst wäre sie eine egoistische Freude oder gar ein Zeichen der Einsamkeit. So kommen Menschen zusammen, die sich kennen, Freundschaften pflegen, Nachbarn sind oder aber auch, die einander zunächst noch zufällig begegnen und fremd sind. Ein Fest schafft Gemeinschaft über das Unbekannte, Fremde hinweg, es schafft ein wenig Lebensfreude, vielleicht sogar Glück im Einerlei, ja auch den Dunkelheiten des Alltags.
Christen sieht man es oft leider gar nicht an, dass sie allen Grund zur Freude und zur Dankbarkeit haben, dabei ist die Bibel voll von fröhlichen Festen, vom dankbaren Jubel der Menschen, - von Begegnungen und Gesprächen, die weiterführen und das Leben reich machen. Viel zu oft lassen wir uns dazu verführen, aus dem Evangelium ein Gesetz zu machen, aus Freiheit - eine zwingende Pflicht, - aus den vielen Gründen zur Freude - eine schier lähmende Sorge um das tägliche Leben. Der Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard (1813-1855) hat einmal in seinen Tagebüchern festhalten:
"Die Christenheit hat das Christentum abgeschafft, ohne es selber richtig zu merken; folglich muss man, wenn man etwas ausrichten will, versuchen, das Christentum wieder in die Christenheit einzuführen ..." [2]
Das ist ein starkes Wort, aber Kierkegaard hat das auf dem Hintergrund seiner Erfahrung mit seiner damaligen Kirche ganz sicher so empfunden. Wir wollen heute mit unserem Fest einmal etwas davon aufleuchten lassen, dass wir als Christen feiern und uns freuen können, dass für uns der Glaube mehr ist, als eine lästige Pflicht. Und davon lobt, betet und singt der 113. Psalm.
Vom Aufgang der Sonne bis
zu ihrem Niedergang
sei gelobet der Name des
Herrn, sei gelobet der Name des Herrn ...
Dieses Wort ist vermutlich Teil einer gottesdienstlichen Liturgie. Es könnte an besonderen Festtagen im alten Tempel in Jerusalem erklungen sein, um Gott zu loben und zu preisen. Dieses Gotteslob soll den ganzen Tag umspannen: vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang und damit auch die Woche, den Monat, das Jahr, ja das ganze Leben hindurch. Wir tun es mit unseren Möglichkeiten in unseren Gottesdiensten, in den kirchenmusikalischen Kreisen und Gruppen, ein jeder Kreis auf seine Weise. Doch dieses Lob Gottes geschieht ja, wenn auch ganz anders, im Kindergarten, den Kinder- und Jugendgruppen, mit dem Besuchsdienst- und dem Elterngesprächskreis oder dem ökumenischen Bibelgesprächskreis.
Dies alles sind für uns zeitgemäße Versuche, Gott unter uns im Blick, im Bewusstsein, im Gespräch zu behalten. Doch was hat das damit zu tun, nun auch "den Namen des Herrn zu loben ..."? Was ist das für ein Name, um den es hier im 113. Psalm geht und der gelobt werden soll?
Wir alle wissen, wie wichtig, wie unersetzlich der Name zu uns gehört, er ist wie eine zweite Haut. Dieser Name macht uns inmitten der zahllosen Menschen, mit denen wir das Leben und die Welt teilen, unverwechselbar und unaustauschbar. Es ist eben dieser ganz konkrete Name, der zu meinem Körper gehört, zu meinem Gesicht, meiner Sprache, zu der Art und Weise, wie ich mich gebe oder von anderen wahrgenommen werde. Was wären wir denn ohne unseren Namen, vermutlich eine Nummer, eine unfassliche Aneinanderreihung von Zahlen.
Die Liturgen, die diesen Psalm wohl betend gesungen haben, beziehen sich auf die Begegnung des Mose mit Gott am Berg Horeb im heutigen Jordanien. Mose erhält den Auftrag, das Volk Israel aus Ägypten in die Freiheit zu führen, doch er fragt natürlich danach, wer es denn ist, der ihm diesen Auftrag gibt und wie er, dieser Gott, denn heißt? Und nun folgt in der Antwort eine merkwürdig klingende Selbstvorstellung Gottes, denn er sagt: "Ich bin, der ich bin!" und dies wurde so verstanden, dass Gott sich selbst als der vorstellt: der "er ist". Zeitlos ist dieser: "ich bin, der ich bin", denn er ist der Gott Israels in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft! Dieser Gott umfasst die Geschichte, und damit ist er ein Gott, der in den Höhen und den Tiefen, in den fröhlichen, festlichen Stunden des Lebens, wie in den Traurigen, im Gelingen, wie im Versagen immer noch Gott ist und Gott bleibt. Dabei aber - und das musste auch Mose erfahren - ist Gott für uns Menschen nicht greifbar, nicht beweisbar, unantastbar - und dennoch durfte Mose durch seinen Glauben, durch sein Vertrauen und schließlich auch durch seine Treue immerhin eine Ahnung von der Gottheit seines Gottes erhalten. Auch Mose - wie modern - zweifelte, ja verzweifelte immer wieder einmal an diesem Gott, der eben doch sein Gott war und blieb.
Israel hat verstanden, dass man einem solchen Gott eben nur im gemeinsamen Gotteslob begegnen kann, eben: "Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang ..." und das jeden neuen Tag und vor allem jeden neuen Sonntag, der uns in unser Leben hineingeschenkt wird. Ist uns in unserem"Christentum" nicht wirklich etwas von dieser Be-geisterung für diesen Gott abhanden gekommen und wird es nicht höchste Zeit, das Besondere, Einmalige und Einzigartige unseres Gottes in unserer eigenen Geschichte und für sie wieder neu zu entdecken?
Wir feiern heute ein Fest, ein Gemeindefest, und da soll aus diesem Gottesdienst heraus, etwas von diesem Gotteslob aufleuchten, dass eben auch wir darum wissen, was wir Gott zu danken und wofür daher zu loben haben. Vielleicht ist es ja nur ein kleiner, erster Anfang, aber immerhin, er passt zu einem Fest!
So danke ich Gott für dieses Fest, für unsere
Gemeinschaft und für alle, die geholfen
und dazu beigetragen haben, dass es gelingt
- und für all jene, die es mit uns feiern.
Ja: "Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem
Niedergang sei gelobet der Name des Herrn ...".
Amen.